Design und Fabrikation von 3D-gedruckten Bauteilen aus naturfaserverstärkten Biokunststoffen für Architektur und Bauindustrie

Gemeinsam mit Forschungs- und Industriepartnern soll ein nachhaltiges Material auf Basis von Biopolymeren und Naturfasern für den großformatigen 3D-Druck entwickelt werden

Das Foto zeigt einen kleinen Haufen getreidekornförmiges, bräunliches Granulat und ein kabelförmiges Stück Filament in derselben Farbe.
Granulat und Filament aus naturfaserverstärktem Biokunststoff für den Multimaterial-3D-Druck. © Fraunhofer WKI | Manuela Lingnau

Großformatiger 3D-Druck spielt in der Bauindustrie eine zunehmende Rolle. Insbesondere komplexe und individuelle Bauteile lassen sich durch das additive Fertigungsverfahren material- und kostensparend herstellen, frei gestalten und bei Verwendung thermoplastischer Basismaterialien hervorragend recyceln. Auch völlig neue, hocheffiziente Bauelemente werden dadurch denk- und machbar. Gemeinsam mit Forschungs- und Industriepartnern entwickeln wir ein nachhaltiges Material auf Basis von Biopolymeren und Naturfasern für den großformatigen 3D-Druck. Damit ermöglichen wir moderne, nachhaltige Architekturlösungen.

Das Vorhaben konzentriert sich auf die Herstellung der 3D-Bauteile im extrusionsbasierten 3D-Druckverfahren »Fused Deposition Modeling (FDM)« mit Kurz- und Endlosfaserfilamenten auf Naturfaserbasis. Die Anwendung dieser Technologie in der Architektur zielt auf zwei verschiedene Einsatzzwecke:

1. Vereinfachte Herstellung etablierter Bauteile

Ziel ist es, für bereits etablierte architektonische Bauteile, welche zu ihrer Herstellung bisher viele Arbeitsschritte benötigen, schnellere, einfachere und anpassungsfähigere Herstellungsverfahren zu ermöglichen. Der Fokus liegt dabei auf Bauteilen, die entwurfs- oder funktionsbedingt einen hohen Grad an Individualisierung und Komplexität aufweisen – beispielsweise Fassadenelemente, freigeformte Möbel und Trennwände sowie multifunktionale Bauteile.

2. Neuartige, hocheffiziente Bauteile

Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung völlig neuartiger architektonischer Bauteile, welche mit konventionellen Herstellungsverfahren nicht hergestellt werden können. Denkbar wäre zum Beispiel ein tragendes Deckenelement, dessen Topologie an die statische Beanspruchung angepasst ist. Dies würde schlanke Deckenaufbauten mit minimalstem Materialaufwand ermöglichen.

In beiden Fällen sollen die Bauteile weitestgehend aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen.

Die wesentliche Aufgabe des Fraunhofer WKI besteht darin, die biobasierten Filamente für die Fertigung von Bauteilen für den Innenausbau und für Fassadenelemente im FDM-Verfahren zu entwickeln. Eine besondere Herausforderung ist dabei die Herstellung von gleichmäßigen und wickelbaren Filamenten, die sich gut extrudieren lassen.

Kurzfaserfilamente

Als Matrixpolymere sollen unter anderem Polymilchsäure (PLA) und Biopolyamide zum Einsatz kommen. Mittels Compoundierung verstärken wir die Polymere mit regional verfügbaren Holz- und Cellulosefasern. Sie sollen die Wärmeformbeständigkeit von PLA verbessern und die Schwindung der Bauteile reduzieren.

Endlosfaserfilamente

Die Endlosfasern (Naturfasern) sollen es ermöglichen, strukturell stärker belastbare Bauteile herzustellen. Wir entwickeln ein Verfahren zur Ummantelung von regional verfügbaren Flachs- und Hanffasern mit thermoplastischen Biopolymeren.

Multimaterial-3D-Druck

Wir optimieren die kurzfaser- und langfaserverstärkten Filamente hinsichtlich der Verarbeitung im Multimaterial-3D-Druck. Dadurch lassen sich die spezifischen Vorteile der verschiedenen Materialien gezielt in einem Bauteil kombinieren.

Additivierung

Bauteile unterliegen hohen Anforderungen wie Dauerhaftigkeit, UV-Stabilität und Flammschutz. Um dies zu erreichen, rüsten wir die Biopolymere mit geeigneten Additiven aus.

Bewertung und Charakteristik

Die gedruckten Muster werden im Hinblick auf ihre Gleichmäßigkeit bewertet und wir ermitteln ihre Eigenschaften (Mechanik, Flammschutzwirkung etc.)

Gesellschaftliche Relevanz

Die bisherige Forschung zur additiven Fertigung im Bauwesen konzentriert sich auf herkömmliche Materialsysteme wie beispielsweise den 3D-Druck von Beton – ungeachtet der ökologischen Auswirkungen. Für Beton benötigt man große Mengen an endlichen Ressourcen sowie Herstellungs- und Transportenergie. Zusätzlich wird bei der Zementherstellung durch chemische Reaktionen viel CO2 freigesetzt. Betonbauteile können außerdem nur eingeschränkt stofflich recycelt werden. 

Thermoplastische Biokomposite hingegen bestehen aus nachwachsenden, oft regional verfügbaren Rohstoffen und sind deutlich leichter. Das spart Ressourcen und Energie. Zudem lassen sich Bauteile aus thermoplastischen Biokompositen nach Ende der Nutzungszeit einschmelzen und zu neuen Bauteilen verarbeiten. 

Biokomposite haben sich bereits als geeignete, nachhaltige Baumaterialien für Außenanwendungen erwiesen, beispielsweise im Fassadenbau. Bisher werden jedoch standardisierte Profile hergestellt, die nachträglich in Form gebracht werden müssen. Mit diesem Projekt schaffen wir die Möglichkeit, maßgeschneiderte Großformatbauteile aus Biokompositmaterialien nach spezifischen Anforderungen durch 3D-Druckverfahren herzustellen. Das ist nicht nur effizienter, auch die architektonischen Spielräume erweitern sich dadurch erheblich. Biokomposite könnten somit künftig in der Bauindustrie vermehrt eingesetzt werden und weniger nachhaltige Materialien ersetzen. Und: Durch die Fertigung von neuartigen, hocheffizienten Leichtbauteilen lässt sich der ökologische Fußabdruck eines Gebäudes zusätzlich reduzieren.

Wirtschaftliche Vorteile

Bei erfolgreichem Projektabschluss könnten Architekturbüros, Bauunternehmen und Bauherren von erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten beim Bau mit nachwachsenden Rohstoffen profitieren.

Für die Forst- und Agrarindustrie sowie Hersteller von Biokompositen können sich neue Geschäftsfelder eröffnen.  

Projektpartner

  • Institut für Tragkonstruktion und Konstruktives Entwerfen (IKTE) an der Universität Stuttgart (Projektkoordination)
  • Laserzentrum Hannover
  • Rapid Prototyping Technologie GmbH
  • ETS Stange
  • 3dk Trading GmbH
  • ATMAT Sp. z o.o.

Förderung

Offizieller Projekttitel: Design und Fabrikation von 3D-gedruckten Bauteilen aus Biokompositen / Filamenten aus Endlos- und Kurzfasern; Teilvorhaben 2: Materialentwicklung und Herstellung von Filamenten

Fördermittelgeber: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Projektträger: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)

Förderkennzeichen: 2220NR295B

Laufzeit: 1.7.2021 bis 31.12.2023 

Source

Fraunhofer WKI, Pressemitteilung, 2021-07-01.

Supplier

3dk.berlin
ATMAT Sp. Z o.o.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Fraunhofer-Institut für Holzforschung Wilhelm-Klauditz-Institut WKI
Institut für Tragkonstruktion und Konstruktives Entwerfen (ITKE)
Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH)
RPT - Rapid Prototyping Technologie GmbH

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