Unsere Wälder befinden sich im Wandel – ein Wandel, der auch im Bausektor ein Umdenken in der Holzverwendung erforderlich macht. Der steigende Anteil an Laubbaumarten eröffnet neue Chancen und Möglichkeiten, Laubholz verstärkt als Baustoff zu nutzen.
Waldumbau und Zukunftschancen von Laubholz
Vergangene Woche wurden die Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur vorgestellt, die alle zehn Jahre einen umfassenden Überblick über den Zustand der deutschen Wälder liefert. Die Erhebung zeigt, dass die Waldfläche in Deutschland stabil geblieben und sogar leicht gewachsen ist. Allerdings sind die Auswirkungen der Klimakrise unübersehbar: Unser Klimaschützer Wald wird zur Kohlenstoff-Quelle, denn die Einbindung von Kohlenstoff ist seit Jahrzehnten erstmals niedriger als die Freisetzung. Hauptursachen hierfür sind Kalamitäten wie Trockenheit und Schädlingsbefall, die vor allem einen starken Vorratsverlust der Fichte verursachten. Auf der positiven Seite steht der Anstieg von Laubbäumen und die zunehmende Artenvielfalt in unseren Wäldern. Die seit den 1990er-Jahren ergriffenen Maßnahmen zum Umbau von Nadelbaum-dominierten Monokulturen hin zu klimaresilienten und naturnahen Mischwäldern zeigen Wirkung. Die Laubholzfläche ist im Vergleich zu 2012 um 7 % gewachsen. Die Zunahme von Totholz hat außerdem positive Auswirkungen auf die Förderung der Biodiversität und die Stabilität von Ökosystemen.
Die häufigsten Baumarten sind Kiefer (22 % des Holzbodens), Fichte (21 %), Buche (17 %) und Eiche (12 %). Die restlichen 28 % verteilen sich auf weitere 47 Baumarten und Baumartengruppen. Laubschwachholz wird heute vorwiegend zur Energiegewinnung durch Verbrennung oder zur Zellstoffproduktion verwendet. Dagegen finden stärkere, sägefähige Laubhölzer vor allem in der Möbel- und Furnierherstellung sowie im Innenausbau Verwendung. Zudem verbleibt ein Teil der Laubbäume, die Beschädigungen aufweisen, als sogenannte Biotopbäume ungenutzt in den Wäldern, um das natürliche Ökosystem Wald zu unterstützen. Laubholz ist derzeit noch kein vollwertiger Ersatz für Nadelholz, das im Bausektor nach wie vor hauptsächlich, insbesondere für tragende Konstruktionen, verwendet wird. Aufgrund seiner positiven Eigenschaften könnte es jedoch in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Allerdings gibt es noch Herausforderungen, die bewältigt werden müssen. Mit fortschreitender technischer Entwicklung und gezieltem Einsatz bietet die Nutzung von Laubholz das Potenzial, insbesondere im Kontext des nachhaltigen Bauens, eine wichtigere Rolle einzunehmen. Entscheidend bei der Nutzung von Holz ist die Auswahl nachhaltig bewirtschafteter und zertifizierter Quellen. Grundlage dafür ist eine verantwortungsvolle und naturnahe Forstwirtschaft, die den Erhalt der Ökosysteme sichert und eine langfristige Verfügbarkeit der Ressource gewährleistet.
Historische Nutzung von Laubholz im Bausektor
Historische Bauwerke zeigen, dass Laubhölzer einst häufig in tragenden Konstruktionen wie Stützen und Balken verwendet wurden. Besonders Eichenholz, bekannt für seine Beständigkeit, erwies sich als hervorragendes Bauholz, selbst für den Einsatz im Außenbereich unter Witterungseinflüssen. Über Jahrhunderte hinweg spielten Fundamente aus Eichenholzpfählen eine zentrale Rolle – Städte wie Venedig und Amsterdam wurden zu großen Teilen auf diesen stabilen Pfahlrosten errichtet. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurde Laubholz außerdem in Fachwerkhäusern, Brücken und als tragende Elemente in Gebäuden eingesetzt. Neben der konstruktiven Nutzung fand Laubholz, vor allem Edellaubholzarten, wie auch heute noch, im Innenausbau breite Anwendung. Mit der Industrialisierung und der Einführung von Nadelhölzern im Bauwesen, die schneller und gleichmäßiger wachsen, im Vergleich zu Laubholz einen deutlich höheren Ertrag bringen und sich zudem leichter verarbeiten lassen, ging der Einsatz von Laubholz im Bau zurück.
Eigenschaften von Laubholz und Optimierung der Herstellungsprozesse
Die Herstellung von Bauprodukten aus Laubholz ist mit mehreren Herausforderungen verbunden, da die holzartenspezifischen Eigenschaften stark variieren, was die Standardisierung erschwert. Während es bei Nadelholz bereits umfassendes Erfahrungswissen sowie etablierte Be- und Verarbeitungsprozesse gibt, müssen diese für Laubholz speziell entwickelt und erforscht werden. Bislang sind die Verfahren für Laubholz technisch aufwändiger und mit höheren Kosten verbunden. Zudem erfordert der Einsatz von Laubholz im Bau eine sorgfältige Planung, da die spezifischen Eigenschaften jeder Holzart in den Bauablauf einbezogen werden müssen. In den Verarbeitungsprozessen erweisen sich insbesondere Eigenschaften wie die Krummschäftigkeit, das Trocknungsverhalten, das stärkere Quell- und Schwindverhalten sowie die geringe Dauerhaftigkeit mancher Laubholzarten als herausfordernd. Der Nachteil der kurzen Schnittholzlängen aufgrund der Krummschäftigkeit kann beispielsweise überwunden werden, indem statt Vollholz verklebte Produkte verwendet werden. So kann außerdem das oftmals ausgeprägte Schwind- und Quellverhalten des Materials reduziert werden. Studien belegten außerdem, dass für Laubhölzer speziell angepasste Klebetechnologien angewendet werden müssen, da für Nadelholz bewährte Klebsysteme nicht gleichermaßen geeignet sind. Laubhölzer wie Buche, Eiche und Esche zeichnen sich im Vergleich zu Nadelhölzern durch eine höhere Rohdichte und Festigkeit aus, was sie besonders robust und belastbar macht. Diese Eigenschaften sind vor allem für tragende Konstruktionen von Vorteil, da sie es ermöglichen, moderne, filigrane und ästhetisch ansprechende Tragwerke zu realisieren. Darüber hinaus bieten Laubhölzer ansprechende Oberflächenqualitäten, was sie für eine Vielzahl architektonischer Anwendungen attraktiv machen. Einige Laubhölzer, insbesondere Eiche, sind von Natur aus sehr widerstandsfähig gegenüber Witterungseinflüssen und Pilzbefall, was ihren Einsatz im Außenbereich ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen ermöglicht. Laubhölzer emittieren außerdem in der Regel weniger VOCs als Nadelhölzer, was in Kombination mit ihrer Verfügbarkeit einen Vorteil für die Holzwerktstoffindustrie zur Herstellung von Span- oder Faserplatten darstellt.
Mögliche Anwendungsgebiete im Bausektor
Konstruktive Laubholzprodukte
In den letzten Jahren haben Holzforschungsinstitute ihre Bemühungen um die Entwicklung verleimter Laubholzprodukte intensiviert, da diese es ermöglichen, durch die Sortierung und Verleimung der Bretter die statischen Eigenschaften gezielt zu bestimmen. Für den konstruktiven Bereich lassen sich grundsätzlich zwei Hauptproduktgruppen unterscheiden: stabförmige und plattenförmige Vollholzprodukte.
Stabförmige Vollholzprodukte
Diese Produktgruppe umfasst vor allem Brettschichtholz (BSH), BSH-Hybridträgern, Konstruktionsvollholz (KVH) sowie zusätzliche Erzeugnisse wie Latten und Schalungen. Brettschichtholz, eines der zentralen Produkte, besteht aus mehreren verleimten Holzschichten und weist eine hohe Tragfähigkeit auf.
Besonders in den letzten Jahren wurde verstärkt an der Entwicklung von Brettschichtholz aus Buche gearbeitet. Für dieses Material sowie einigen BSH Produkten aus Eiche, Edelkastanie und Pappel liegt eine bauaufsichtliche Zulassung durch das Deutsche Institut für Bautechnik vor, wodurch es für tragende Konstruktionen im Bau verwendet werden darf.
Plattenförmige Vollholzprodukte
Das wichtigste plattenförmige Vollholzprodukt im konstruktiven Einsatz ist Brettsperrholz. Es besteht aus mehreren kreuzweise verleimten Bretterschichten, die ihm eine hervorragende Tragfähigkeit und hohe Dimensionsstabilität verleihen, was es ideal für den Einsatz in Wand-, Decken- und Dachelementen macht. Ein weiteres innovatives Material in diesem Bereich ist Furnierschichtholz (LVL) aus Buche, das aufgrund seiner hohen Festigkeit und Belastbarkeit sowie Formstabilität besonders vorteilhaft ist und als Substitut für LVL aus Nadelholz sowie Massivholz eingesetzt werden kann.
Vom Baum zum Schaum
Am Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI), wurde ein Schaummaterial entwickelt, das zu 100 % aus Holzfasern und anderen Lignocellulosen besteht. Die Festigkeit wird durch natürliche Bindungskräfte des Holzes erzielt, weswegen keine synthetischen Klebstoffe eingesetzt werden. Es entsteht ein Werkstoff, der leicht ist und eine offenporige Struktur mit niedriger Rohdichte aufweist. Schäume aus Buchenholz können beispielsweise gezielt in einem Dichtebereich zwischen 50 kg/m3 bis 200 kg/m³ hergestellt werden. Die Schaumplatten können beispielsweise als Dämmplatten oder als Bestandteil hybrider Sandwichmaterialien mit Schaumkern verwendet werden. Die offenporige Struktur verleiht dem Holzschaum zudem eine hohe Schallabsorption. Die ersten Holzschaumplatten sollen ab 2026 auf den Markt kommen und sind außerdem voll recycelbar.
Holznägel
Für den Einsatz als Holznägel sind insbesondere Laubhölzer aufgrund ihrer höheren Dichte und Festigkeit geeignet, da sie eine größere mechanische Stabilität und Belastbarkeit bieten. Besonders in tragenden Konstruktionen überzeugen Holznägel aus Laubholz durch ihre Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit. Mittlerweile sind magazinierte Holznägel erhältlich, die eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für tragende Holzverbindungen besitzen. Im Vergleich zu herkömmlichen Stahlnägeln bieten Holznägel nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch technische Vorzüge, wie eine geringere Wärmeleitfähigkeit, die punktuelle Wärmebrücken verhindert, sowie eine hohe Beständigkeit gegen Korrosion.
Relevante Dateien & Links
https://www.bundeswaldinventur.de/vierte-bundeswaldinventur-2022/vorwort
https://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/forsttechnik-holz/dateien/a98_bauen_mit_laubholz_bf_gesch.pdf
https://www.baunetzwissen.de/daemmstoffe/tipps/forschung/vom-baum-zum-schaum-8442074
Source
natureplus e.V., press release, 2024-10-16.
Supplier
Bayerische Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Fraunhofer-Institut für Holzforschung Wilhelm-Klauditz-Institut WKI
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