Wie können Innovationen in der Nachhaltigen Chemie eine nachhaltigere Textilindustrie fördern? Welche Faktoren spielen für Investor:innen und potenzielle Kund:innen eine Rolle für erfolgreiche, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Start-ups? Und was sind die vielversprechenden Zukunftstrends der Nachhaltigen Chemie im Textilsektor? Diese zentralen Fragen standen im Mittelpunkt des 6. ISC3 Investor Forums 2024, das im Rahmen des Impact Festivals am 30. und 31. Oktober im Forum Messe Frankfurt stattfand. Antworten lieferten nicht nur internationale Expert:innen aus verschiedenen Bereichen, sondern auch fünf Start-ups, die ihre Ideen bei der Innovation Challenge präsentierten, die erneut einen Höhepunkt des Investor Forums darstellte.
Allen gemeinsam ist, dass sie mit ihren Innovationen einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Textilindustrie leisten und vom International Sustainable Chemistry Collaborative Centre (ISC3) gefördert werden. Aber am Ende konnte es nur einen Gewinner geben: das Schweizer Start-up Dimpora mit seiner bahnbrechenden PFAS-freien Textilmembran.
Dimpora gewann den Hauptpreis des mit 25 000 Euro dotierten Innovationswettbewerbs für seine CoreLayer-Technologie, die schädliche Chemikalien in herkömmlichen Textilmembranen ersetzen soll.
Mitbegründer Mario Stucki bedankte sich: „Der Gewinn des ISC3 Innovation Award 2024 hier auf dem Impact Festival ist für uns viel mehr als nur eine Auszeichnung. Es ist die Krönung einer unglaublichen Reise. Wir waren schon überglücklich, als einer der Finalisten hier zu sein und unsere Vision zu präsentieren. Wir begannen mit dem Ziel, schädliche Chemikalien wie PFAS in herkömmlichen Textilmembranen zu ersetzen, was zur Entwicklung der CoreLayer-Technologie von Dimpora führte. Heute schützen unsere patentierten PFAS-freien Membranen sowohl den Menschen als auch den Planeten.“
Neben dem Innovationspreis verlieh das ISC3 auch zwei Special Impact Awards, die mit jeweils 5.000 Euro dotiert sind: Einer ging an Renasens aus Schweden für seine innovative wasserlose Textilrecyclingtechnologie und einer an Polybion aus Mexiko für seine aus agroindustriellen Abfällen hergestellte Lederalternative Celium™.
„Wir sind stolz und fühlen uns geehrt, diese Innovationen im Bereich der Nachhaltigen Chemie im Textilsektor zu präsentieren – einer Branche, die ihre derzeitigen Praktiken dringend ändern muss und daher zwingend innovative Lösungen benötigt, um den negativen Einfluss auf die Umwelt zu mindern und die Nachhaltigkeit zu fördern“, sagte Dr. Alexis Bazzanella, Direktor des ISC3 Innovation Hub.
Darüber hinaus präsentierten sich fünf weitere durch das ISC3 geförderte Start-ups auf dem Impact Festival und hatten die Chance, für ihren Pitch einen Publikumspreis zu gewinnen. Der Publikumspreis ging an Theseus Development aus Ghana für seine Zementalternative auf Geopolymerbasis.
Den Wandel vorantreiben: Finanzierung von Innovationen in Nachhaltiger Chemie und Textilien
Das Innovation-Showcase war nicht das einzige Highlight des Investor Forums 2024:
„In einer Zeit, in der sich die Welt den Herausforderungen der Nachhaltigkeit stellt, auch im Textilsektor, hat unsere Veranstaltung erneut die Industrievertreter:innen, Innovator:innen und Investor:innen zusammengebracht, um die Herausforderungen und Chancen des Ökosystems zu diskutieren“, bemerkte Dr. Thomas Wanner, Managing Direktor des ISC3.
Mit einem kurzen Impuls stellte er das ISC3 und die Nachhaltige Chemie vor und schuf damit die Grundlage für die Podiumsdiskussion, in der internationale Expert:innen Einblicke in die Herausforderungen und Möglichkeiten der Finanzierung von Innovationen im Bereich der Nachhaltigen Chemie und Textilien gaben.
„Man muss die Umwelt positiv beeinflussen, nicht nur Schaden vermeiden“, betonte Miguel Ramôa, Leiter der Abteilung Innovation und Nachhaltigkeit bei Adalberto Textile Solutions (Portugal), die Notwendigkeit, echte Nachhaltigkeit anzustreben.
Als weitere Teilnehmerin der Diskussion, die von Astrid Ewaz, zertifizierte Expertin für nachhaltige Finanzen und Projektmanagerin im ISC3 Innovation Hub (Deutschland), moderiert wurde, betonte Thomasine Dolan Dow, Direktorin für Materialinnovation und Design bei MII (USA), die Bedeutung einer ehrlichen Kommunikation, um Greenwashing zu vermeiden. Und während Sophia Escheu, Associate bei Speedinvest (Frankreich/Deutschland), vielversprechende Sektoren in der Textilindustrie identifizierte, die einen bedeutenden Wandel vorantreiben können, wie etwa automatisierte Prozesse und KI-gesteuerte Forschung und Entwicklung, wies Thomas Rehmet vom Zentrum für Entrepreneurship an der Hochschule Reutlingen und dem Textile.Accelerator (Deutschland) auf die entscheidende Rolle von zirkulären Geschäftsmodellen für das Erreichen echter Nachhaltigkeit hin.
Das abschließende Highlight am Ende des Programms des ISC3 Investor Forums 2024 war eine Masterclass mit dem Titel „Welche Dimension der Nachhaltigkeit beeinflusst Ihr Start-Up?“, bei der sich die Teilnehmer:innen in interaktiven Übungen und Fallstudien mit Nachhaltiger Chemie und den verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit beschäftigten.
Das diesjährige Impact Festival zog über 4.000 Besucher aus 40 Ländern an, darunter mehr als 250 Investoren, und präsentierte über 200 innovative Lösungen, darunter die 10 Lösungen für Nachhaltige Chemie, die auf dem ISC3 Investor Forum vorgestellt wurden.
Die siebte Ausgabe des ISC3 Investor Forums ist für Herbst/Winter 2025 geplant. Weitere Informationen auf der Website des ISC3.
Die Gewinner der ISC3 Innovation Challenge 2024
Fünf Finalist:innen präsentierten ihre Lösungen auf dem Impact Festival vor einem großen Publikum, darunter vielen potenziellen Investor:innen. Eine internationale Expertenjury hatte sie unter fast 50 internationalen, qualitativ hochwertigen innovativen Lösungen aus dem Bereich der nachhaltigen Textillösungen ausgewählt, um den mit insgesamt 25.000 Euro dotierten ISC3 Innovation Challenge Award zu gewinnen. Die endgültige Entscheidung war knapp: Die Dimpora AG aus der Schweiz machte das Rennen und gewann den mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis. Das Start-up hat eine revolutionäre PFAS-freie Textilmembran entwickelt, die dank einer wissenschaftlich fundierten und patentierten CoreLayer-Technologie Stoffe vollständig wasserdicht und atmungsaktiv macht, ohne die Umwelt zu belasten.
Neben dem ISC3 Innovationspreis verlieh der ISC3 auch zwei Special Impact Awards, die mit jeweils 5 000 Euro dotiert sind: Einer ging an das schwedische Start-up-Unternehmen Renasens. Das von einer Frau geführte Unternehmen trägt dazu bei, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen, indem es eine wasserfreie und saubere Technologie für das Recycling von gemischten Textilabfällen in neue Ressourcen entwickelt hat, ohne die Fasern zu depolymerisieren oder zu zersetzen.
Der nächste Special Impact Award ging an Polybion. Das mexikanische Start-up-Unternehmen verwendet vor Ort produzierte agroindustrielle Fruchtabfälle als Rohmaterial, um zukunftsweisende Biomaterialien wie Celium™ – Premium Cultivated Cellulose – herzustellen. Celium™ kann unter Nutzung der vorhandenen Infrastruktur gefärbt, geprägt und gegerbt werden, was zu geringeren Umweltauswirkungen führt als bei herkömmlichen Stoffen.
Mit Blick auf die Zukunft sucht das ISC3 nun weltweit nach Start-ups für die Innovation Challenge 2025, die sich auf das Thema „Nachhaltige Chemie und Klimawandel“ richtet.
Neben den Gewinner:innen der ISC3 Innovation Challenge präsentierten diese sieben Start-ups ihre bahnbrechenden Ideen auf dem ISC3 Investor Forum 2024:
AppCyclers (Ghana) betreibt eine webbasierte Marktplatzplattform, die die Sammlung, Beschaffung und den Kauf von Elektroschrott digitalisiert, indem sie Erzeuger:innen, Recycler:innen und Abnehmer:innen miteinander verbindet und so den gesamten Lebenszyklus optimiert.
AR-ENA (Jordanien) stellt eine neue Art von Hydrogel her – Polymere, die Luftfeuchtigkeit absorbieren und Flüssigkeiten aufnehmen und als Ersatz für Erde in Hydrokulturen und als Ersatz oder Unterstützung für Bewässerungsprozesse und -systeme verwendet werden können. Die Innovation von AR-ENA zielt darauf ab, die Landwirtschaft zu revolutionieren, indem sie den Wasserverbrauch um bis zu 65 % reduziert und gleichzeitig die Ernteerträge erheblich steigert.
DNACotton (Türkei) hat mit der DNABarkod®-Technologie ein Blockchain-basiertes Rückverfolgbarkeitssystem für den Textilsektor entwickelt. Diese Technologie umfasst die genetische Kennzeichnung von Produkten in verschiedenen Stadien des Produktionszyklus, wodurch jedes Produkt mit einer einzigartigen genetischen Kennung versehen wird.
Egrobots (Ägypten) revolutioniert die Landwirtschaft mit KI-gesteuerten Robotern und Datenanalyse. Das Start-up bietet Landwirt:innen Präzisionslösungen für die Pflanzengesundheit, die Optimierung von Erträgen und die Förderung nachhaltiger Anbaumethoden.
Nina Energy (Ecuador) ist ein wissenschaftsbasiertes Start-up-Unternehmen, das Hightech-Pyrolyseanlagen vor Ort mit lokal beschafften Materialien und Arbeitskräften entwickelt, um Investitionskosten und Vorlaufzeiten zu reduzieren und gleichzeitig wirtschaftliche Möglichkeiten zu schaffen. Ihre technische Anpassungsfähigkeit gewährleistet eine effiziente Ressourcennutzung und die Erzeugung von Kohlenstoffgutschriften, die auf dem freiwilligen Markt gehandelt werden.
SCHUTZEN CARE PRIVATE LIMITED (Indien) entwickelt biobasierte und biologisch abbaubare Textil- und Lederchemikalien, die die biologische Vielfalt fördern. Diese Chemikalien basieren auf der Verwertung von Bioabfällen aus den Samen einer lokalen Baumfrucht und werden mit der patentierten Reaktionstechnologie von SCHUTZEN hergestellt. Die Innovation von SCHUTZEN senkt die Kohlenstoffemissionen, bietet eine Alternative zu gefährlichen Substanzen und verringert so die Risiken für die menschliche Gesundheit, reduziert die Wasserverschmutzung und fördert die Artenvielfalt.
Theseus Development (Ghana) nutzt ein reichlich vorhandenes, natürliches Material zur Herstellung einer Alternative zu zementbasiertem Beton, genannt „Geopolymere“, die als thermo- und kosteneffiziente Bausteine für die Bauindustrie verwendet werden können. Das Start-up will den Übergang zu einer umweltfreundlich-bebauten Umwelt beschleunigen, indem es Bauunternehmen in die Lage versetzt, mit Geopolymerbeton nachhaltige Gemeinschaften zu schaffen.
Über das ISC3
Das Internationale Kompetenzzentrum für Nachhaltige Chemie fördert Nachhaltige Chemie für eine nachhaltige Welt. Das ISC3 unterstützt durch nachhaltige innovative Ansätze aus der Nachhaltigen Chemie die chemische Industrie und chemienahe Sektoren in ihrem Transformationsprozess. Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft, die die vielfältigen Aspekte der Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus von Produkten, und ein Umdenken im Verhalten aller Beteiligten umsetzt. Um den Dialog zwischen verschiedenen Sektoren und Akteur:Innen weltweit, einschließlich Europa und anderen Regionen sowie Schwellen- und Entwicklungsländern voranzubringen, verfolgt das ISC3 einen Multi-Stakeholder-Ansatz mit der Vernetzung von politischen Entscheidungsträgern, öffentlichen und privaten Sektoren, Bildung, Wissenschaft und Gesellschaft. Es leistet einen Beitrag zur internationalen Chemikalienpolitik, entwickelt berufliche und akademische Weiterbildungsangebote, berät Unternehmen und fördert Start-ups sowie die Forschung.
Das 2017 vom Umweltbundesamt und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gegründete Zentrum wird von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) getragen und von der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (DECHEMA e.V.) als ISC3 Innovation Hub sowie der Leuphana Universität Lüneburg als ISC3 Research & Education Hub unterstützt.
Source
Dechema, Pressemitteilung, 2024-11-14.
Supplier
Adalberto Textile Solutions
AppCyclers
Ar-ena iParc Jordan
Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV)
DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V.
Deutsche Gesellschaft fur Internationale Zusammenarbeit (GIZ)
Dimpora AG
Hochschule Reutlingen
International Sustainable Chemistry Collaborative Centre ISC3
ISC3 Innovation Hub
Leuphana Universität Lüneburg
mii collection
Polybion
Renasens
Theseus Development
Umweltbundesamt
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