TITK entwickelt Haartrockner aus Bio-Kunststoff

Rudolstädter Unternehmen erinnerte sich an altes Verfahrensprinzip

BildKatrin Müller steht vor einem Tisch in der Werkhalle im Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK) in Rudolstadt. Was vor ihr ausgebreitet liegt, sieht auf den ersten Blick aus wie die Auslage eines Reformhauses: Sisalstränge, Knäuel aus grobem Flachs und Ölbaumfasern liegen im Vordergrund, dahinter ragen trockene Stängel Faserhanf in die Höhe.

Fast etwas fehl am Platz wirken hingegen die hochglänzenden Plastikföns, die zwischen den Materialien drapiert sind. Nichts deutet darauf hin, dass diese Produkte in irgendeinem Zusammenhang stehen könnten.

“Das ist auch so gewollt”, sagt Müller. Sie ist Diplomingenieurin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin für das TITK an der Weiterentwicklung von Werkstoffen, die aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt werden. “Für die Verbraucher soll kein Unterschied sichtbar sein, wenn das Gerät im Laden präsentiert wird”, betont sie. Das Geheimnis des Föns stecke im Gehäuse: “Was aussieht wie herkömmliches Plastik, ist in Wahrheit ein Polymer auf Zellulosebasis”. Der fertige Werkstoff enthalte keinerlei Erdöl-Anteile. Dass der Grundwerkstoff auf Holz basiert, lässt sich von außen nicht einmal erahnen.

2007 hatte das TITK den Forschungsauftrag von der Firma Efbe Elektrogeräte aus Bad Blankenburg erhalten, verschiedene bereits vorhandene Werkstoffe zu prüfen und eine Möglichkeit der Verarbeitung zu entwickeln. Nach zwei Jahren Forschung konnte das Unternehmen schließlich mit der Produktion einer Haartrockner-Serie beginnen. Eigentlich sei das Verfahren ganz einfach, sagt Müller. Aus der Zellulose wird in einem ersten Arbeitsschritt Milchsäure produziert, aus der dann das Polymer gewonnen wird. Das Prinzip sei zwar schon lange bekannt und älter als die Massenproduktion von Plastik aus Erdöl. Aber erst jetzt, wo sich immer mehr Hersteller wegen der Kosten verstärkt nach Alternativen zu fossilen Grundstoffen umsehen, werde das Verfahren wieder interessant.

Der ökologische Nutzen sei jedoch nicht in allen Fällen gegeben: “Wenn zu viel Energie in die Erzeugung des Produkts gesteckt werden muss, ist die CO2-Emission natürlich sehr hoch. Deshalb ist das Verfahren auch in manchen Punkten umstritten”, sagt Müller. Immerhin werde aber kein Kohlendioxid frei, das über Millionen Jahre in der Erde gebunden war, wie das bei Erdöl der Fall sei. Im Fall der Geräte von Efbe sei der Weg vom Grundstoff bis zum fertigen Produkt zudem vergleichsweise überschaubar.

Offenbar ist aber das perfekte Aussehen der Geräte ein Problem. “Seit der Markteinführung Anfang des Jahres ist die Nachfrage an den Geräten aus nachwachsenden Rohstoffen sehr verhalten”, sagt Efbe-Ingenieur Johannes Heyder. Einerseits könne dies daran liegen, dass diese Produkte etwas teurer seien als herkömmliche Produkte. “Zum anderen vermuten wir aber, dass die Leute einfach misstrauisch sind, weil die Föns eben ganz normal aussehen.”

Viele Käufer glaubten nicht, dass die Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt seien, weil sie davon noch nichts gehört hätten und man den Stücken ihre Herkunft nicht ansieht. Aufgeben werde Efbe die Idee aber deshalb nicht, versichert Heyder. Ganz im Gegenteil – in Zukunft sollen noch weitere Produkte auf der Basis nachwachsender Rohstoffe auf den Markt kommen.

Die Zusammenarbeit mit Elektroherstellern ist nur eines der Forschungsgebiete des TITK. “Ebenfalls ziemlich spannend ist das Gewebe, dass wir derzeit für die Landwirtschaft entwickeln”, sagt Müller. Das spezielle Vlies aus natürlichen Fasern soll die Plastikplanen ersetzen, mit denen Bauern die Erde abdecken, um die Pflanzen vor Schmutz und Unkraut zu schützen.

“Unser Ziel ist es, dass wir den Zeitpunkt der Zersetzung ganz genau steuern”, erläutert sie. Dann könnte das Vlies nach der Ernte einfach untergepflügt werden und müsste nicht eingeholt und extra entsorgt werden. “Übrig bleibt dann nur Wasser und die Menge CO2, die bei der Herstellung des Stoffs und dem Wachstum der Pflanze angefallen ist, aus der das Gewebe hergestellt wurde”, sagt Müller. Fossile Rohstoffe würden dafür nicht gebraucht.

Selbst das Trabi-Prinzip ist für die moderne Forschung wieder interessant: “Wir beschichten Naturfasern mit speziellen Harzen und Kunststoffen, im Prinzip eine ähnliche Produktionsweise wie beim Trabant”, sagt Müller. Anders als beim “Plastebomber” werde die Technik allerdings nicht mehr für die Karosserie, sondern für Herstellung von Türverkleidungen genutzt. Der Vorteil des Verfahrens: Durch das geringere Gewicht lässt sich Treibstoff sparen.

Source

Ad Hoc News, 2010-12-01.

Supplier

Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK)

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