nova-Kongressbericht: Hanf-Symposium in Bologna (Italien)

Am 5. und 6. März 2004 fand in Bologna (Italien) das internationale Symposium “Hemp: Perspectives for advanced utilization” statt. Etwa 60 Teilnehmer aus West- und Osteuropa sowie Australien waren zusammen gekommen – vorwiegend aus dem Bereich der Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Die junge italienische Hanfwirtschaft ist ganz auf die textile Nutzung – wie beim Langfaserflachs – ausgerichtet. Dies ist einmalig in der EU und stellt eine große technische und ökonomische Herausforderung dar. Eine weitere italienische Besonderheit sind drei tradtionelle, hochwertige Hanfsorten, die zwar auf der EU-Sortenliste stehen, aber sämtlich (noch) nicht kommerziell verfügbar sind.

Prof. P. Ranalli (ISCI, Italien) und Prof. G. Venturi (Universität von Bologna) gaben einen Überblick über Geschichte, aktuellen Stand und mögliche Entwicklungswege im textilen Bereich. Derzeit wird der Hanf, der dieses Jahr auf über 1.000 ha angebaut werden soll, in einer sehr frühen Phase geerntet, wenn er etwa die Höhe von Flachs erreicht hat. Daher kann der so gewonnene “Baby Hemp” dann auf der üblichen Flachs-Langfaserlinie verarbeitet werden.

G. Mastromei (Universität von Florenz) zeigte Ergebnisse von Hanf-Wasserröste nach gezielter Zugabe bestimmter Stämme von aeroben und anaeroben Bakterien. Im Bestfall war die Röste bereits nach 4 Tagen abgeschlossen und die Fasern waren gleichmäßiger und feiner als ohne die Zugabe der Bakterien.

P. Perata (Universität von Modena) stellte Versuche zur Aufnahme von Kupfer durch Hanf auf belasteten Böden vor. Das Kupfer wird in den Blättern angereichert, während die Fasern unbelastet bleiben.

M. Toonen (PRI, Niederlande) präsentierte biotechnische Verfahren zur Entwicklung neuer Hanfsorten. Eine leichter zu entholzende Sorte ist bereits in kleinen Mengen verfügbar und wurde im letzten Jahr in Großbritannien angebaut. In einem späteren Vortrag berichtete E. De Meyer (GW Pharmaceuticals, Großbritannien) von der Entwicklung neuer Hanfsorten mit hohem THC-Gehalt für die pharmazeutische Industrie.

Weitere Untersuchungen zu Markern, Gen-Untersuchungen, Züchtung und Cannabinoid-Synthese wurden von A. Carboni (ISCI, Italien), G. Mandolino (ISCI, Italien) und P. Ranalli (ISCI, Italien) vorgestellt.

H. van der Werf (INRA, Frankreich) zeigte erste Zwischenergebnisse von Ökobilanzen für Hanf im Vergleich zu anderen Kulturen und insbesondere Weizen als Referenzpflanze. Bis zum Erntegut auf dem Acker schneidet Hanf im Vergleich zu Weizen sehr gut ab. Eregbnisse für die ganze Prozesskette werden bis Ende des Jahres erwartet.

Als einziger Referent zu industriellen Anwendungen demonstrierte M. Karus (nova-Institut, Deutschland), wie im “übrigen Europa” Hanf genutzt wird, insbesondere für industrielle Anwendungen im Spezialpapier-, Automobil- und Baubereich. Karus ging besonders auf die Erfolgsgeschichte von Naturfasern im Innenraum von Mittel- und Oberklasselimousinen in Deutschland ein und berichtete über Stand und Möglichkeiten beim Naturfaser-PP-Spritzguss (vgl. Meldung vom 2003-11-25).

J. Callaway (Universität von Kuopio, Finnland) hat als erster eine klinische Studie zum Thema Hanföl & Hautkrankheiten durchgeführt und konnte aufzeigen, dass der tägliche Konsum von zwei Esslöffeln Hanföl Hautprobleme signifikant verbessern kann. Hanföl ist das einzige Pflanzenöl, das neben Alpha-Linolensäure und Linolsäure auch Gamma-Linolensäure (GLA) und Stearidonsäure (SDA) enthält.

S. W. Grigoryev (VIR, Russia) berichtete über Vorhaben, in Russland eine neue Textilindustrie auf Basis von Baumwolle und Hanf aufzubauen. Im Fokus stehen Mischgewebe aus Baumwolle, kotonisiertem Hanf und Viskose.

In einem eigenen Abschnitt wurden “Cannabinoide in der Medizin” behandelt. R. Pertwee (Universität von Aberdeen, Großbritannien) und V. Di Marzo (ICMIB-CNR, Italien) behandelten den aktuellen Forschungsstand. Ein besonderer Höhepunkt war die Präsentation des Firmengründers G. Guy (GW Pharmaceuticals, Großbritannien), der von seinen Entwicklungen von Medikamenten aus Cannabis-Extrakten berichtete, die in Kürze mit Vertriebspartner Bayer Leverkusen in Großbritannien und Kanada – sowie später in der gesamten EU – auf den Markt gebracht werden sollen (vgl. Meldung vom 2003-05-26). Guy stellte verschiedene Untersuchungen zur Wirksamkeit der Cannabispräparate bei verschiedenen Krankheiten (z.B. Multiple Sklerose) vor. Das Präparat Sativex® wird es unter anderem auch als Mundspray geben.

Source

Kongressbesuch Michael Karus.

Share

Renewable Carbon News – Daily Newsletter

Subscribe to our daily email newsletter – the world's leading newsletter on renewable materials and chemicals

Subscribe