EU-Verpackungsverordnung: Von Anfang an im Kreislauf denken

Die EU-Kommission will mit ihrem neuen Entwurf einer Verpackungsverordnung darauf setzen, die von Verpackungsabfällen ausgehenden Umweltwirkungen entlang des gesamten Lebensweges zu mindern

Nur sachgerecht getrennte Verpackungsabfälle führen zu guten Recyclingergebnissen
Nur sachgerecht getrennte Verpackungsabfälle führen zu guten Recyclingergebnissen Quelle: Rawpixel.com / Fotolia

Mit dem Entwurf einer Verpackungsverordnung hat die EU KOM einen Regelungsvorschlag vorgelegt, um die Umweltwirkungen von Verpackungen mit Maßnahmen entlang des gesamten Lebensweges zu mindern. Das UBA begrüßt den Fokus auf Abfallvermeidung und Mehrweg sowie Recyclingfähigkeit und Kunststoffrezyklateinsatz. Das Anforderungsniveau bleibt an einigen Stellen jedoch hinter den Erwartungen zurück.

Mit dem am 30. November 2022 vorgelegten Entwurf einer Verpackungsverordnung setzt die EU-Kommission darauf, die von Verpackungen und Verpackungsabfällen ausgehenden Umweltwirkungen entlang des gesamten Lebensweges zu mindern. Das Umweltbundesamt unterstützt ausdrücklich diesen umfassenden Ansatz, denn Verpackungen verursachen einen erheblichen Ressourcenverbrauch in Verbindung mit einer sehr kurzen Nutzungsphase. So führt der Entwurf an, dass 40 Prozent der in der EU verwendeten Kunststoffe und 50 Prozent des Papiers für Verpackungen benötigt werden und Verpackungsabfälle 36 Prozent der kommunalen festen Abfälle ausmachen. Insofern ist die spezielle Betonung von Abfallvermeidung und der Förderung von wiederverwendbaren Verpackungen, wie Mehrwegverpackungen besonders zu begrüßen.

Bislang ist vorgesehen, die Verordnung ausschließlich auf den Artikel 114 AEUV (Vertrag zur Arbeitsweise der Europäischen Union) abzustützen, welcher auf das Funktionieren des Binnenmarktes abzielt. Um nationalen Besonderheiten und erreichten Erfolgen insbesondere bei Sammlung und Recycling gerecht zu werden und nationale Gestaltungsmöglichkeiten für ambitioniertere Regelungen aufrecht zu erhalten, bedarf es der zusätzlichen Abstützung auf Artikel 192 zum Umweltschutz. Denn neben eher ambitionierten Vorgaben bleibt der Entwurf in einigen Punkten hinter dem in Deutschland erreichten Niveau zurück bzw. führt anspruchsvolle Anforderungen erst sehr spät ein. Zum Beispiel sollen erst Ende 2030 mindestens 70 Prozent der Verpackungen recycelt werden.

Der Entwurf verfolgt das Ziel des EU-Aktionsplans Kreislaufwirtschaft, alle Verpackungen bis 2030 auf wirtschaftlich tragfähige Weise wiederverwendbar oder recycelbar zu machen. Es ist erfreulich, dass die Vorgaben zur Bewertung der Recyclingfähigkeiten vom Regelungskonzept her teilweise dem Vorbild des Mindeststandards zur Bemessung der Recyclingfähigkeit nach dem Verpackungsgesetz folgen. Bedauerlich ist jedoch, dass alle Verpackungen erst ab 2035 im industriellen Maßstab recyclingfähig sein sollen; relevant ist dabei auch, ab wann von einer „recyclingfähigen Verpackung“ ausgegangen werden kann (Anteil der zurückzugewinnenden Wertstoffe). Die Kriterien zur Bemessung der Recyclingfähigkeit und zum Design for Recycling werden erst mit einem „delegierten Rechtsakt“ der EU-Kommission festgesetzt. Wir begrüßen indes, dass die Beteiligungsentgelte der Hersteller anhand der Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen zu bemessen sind, wobei auch die Kriterien hierfür erst in einem delegierten Rechtsakt festgelegt werden.

Als besonders wichtig erachten wir die Bekämpfung von überdimensionierten Verpackungen mit verbindlichen Vorgaben zur Minimierung der Verpackungsgröße (Gewicht, Volumen), auch wenn für die Umsetzung noch eine Reihe von Fragen zu beantworten sind. Die Zulässigkeit von bis zu 40 Prozent gerechtfertigtem Leervolumen zum Beispiel bei Versandverpackungen bleibt dabei jedoch weit hinter unseren Erwartungen zurück.

Die Vorgabe von konkreten Quoten für die Vertreiber für den Anteil von wiederverwendbaren Verpackungen und Nachfüllsystemen in bestimmten Bereichen, wie im Bereich der Getränke- oder Transportverpackungen sind ein außerordentlich wichtiger Schritt für die EU-weite Stärkung von Mehrwegsystemen. Allerdings werden die Quoten erst sehr spät eingeführt und die erste Stufe für 2030 bleibt z.B. für die betroffenen Getränkeverpackungen im Bereich der alkoholfreien Erfrischungsgetränke mit 10 Prozent deutlich hinter dem in Deutschland angestrebten Ziel von 70 Prozent und dem aktuellen Stand von 43,1 % in 2020 für die pfandpflichtigen Getränkesegmente zurück. Die Einführung von Inverkehrbringungsverboten für bestimmte Einwegverpackungen z.B. für frisches Obst und Gemüse ist ebenfalls ein wichtiger Beitrag zur Abfallvermeidung. Bedauerlicherweise sind bereits im Entwurf umfangreiche Ausnahmen vorgesehen, die die neuen Regelungen schwächen.

Die Vorgabe von Quoten für den Einsatz von Rezyklaten aus Nachgebrauchsabfällen (Post-Consumer-⁠Rezyklate⁠) in Kunststoffverpackungen unterstützen wir. Die gestaffelten Quoten sind allerdings sehr ambitioniert und speziell für den Lebensmittelkontaktbereich muss die EU-Kommission dann auch geeignete mechanische Verwertungsverfahren zulassen (gemäß EU-Verordnung (EU) 2022/1616). Andernfalls sind Quoten in dieser Höhe nur durch chemisches Recycling erfüllbar. Fragen des ökologischen Nutzens und der ökonomischen Machbarkeit der erforderlichen chemischen Recyclingverfahren sind jedoch noch nicht geklärt. Eine stärkere Differenzierung der Quotenhöhen nach Packmittelsegmenten in Abhängigkeit von Verfügbarkeiten und unter Berücksichtigung des technisch Machbaren wäre aus unserer Sicht sinnvoller.

Neu ist die Vorgabe, dass die Finanzbeiträge der Hersteller zur Erfüllung ihrer erweiterten Herstellerverantwortung nach dem Rezyklatgehalt gestaffelt werden sollen. Eine Förderung der Verwendung von Rezyklaten halten wir grundsätzlich für wichtig. Das ⁠UBA⁠-Forschungsvorhaben zur Evaluierung der Wirksamkeit des § 21 Verpackungsgesetz zeigt allerdings, dass eine solche Incentivierung des Rezyklateinsatzes dann ökologisch sinnvoll ist, wenn die Verpackung gleichzeitig auch hochgradig recyclingfähig ist. Weiterhin müsste die Kontrolle des Einsatzes von Rezyklaten ausreichend sicher gewährleistet sein. Die Methode für die Berechnung und Überprüfung des Rezyklatgehaltes wird jedoch erst in einem delegierten Rechtsaktfestgelegt werden.

Bedauerlich ist, dass keine ausreichende Einbeziehung der elektronischen Marktplätze und Fulfilmentdienstleister auf europäischer Ebene erfolgt, da durch derartige Regelungen im deutschen Verpackungsgesetz eine deutliche Verbesserung des rechtstreuen Verhaltens von Herstellern insbesondere auch aus Drittstaaten außerhalb der EU erreicht werden konnte. Im Hinblick auf effiziente Kontrollmöglichkeiten durch die Behörden sehen wir an verschiedenen Stellen noch Prüfungsbedarf.

Source

Umweltbundesamt, Pressemitteilung, 2022-12-07.

Supplier

European Commission
European Union
Umweltbundesamt

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