Wie Recycling-Verpackungen den Blick auf Produktqualität beeinflussen

Forschungsticker Uni Bonn: Es könnte sich lohnen, einen höheren Rezyklatanteil aktiv an Verbraucherinnen und Verbraucher zu kommunizieren

Wie nehmen Verbraucherinnen und Verbraucher die Qualität von Produkten wahr, die recyceltes Material in ihrer Verpackung haben? Das haben Madita Finke, Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik (IRL) der Universität Bonn, Janine Macht und Prof. Dr. Monika Hartmann, IRL und Mitglieder im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Sustainable Futures“ der Universität Bonn, am Beispiel von Orangensaft untersucht. Ihre Ergebnisse haben sie in dem Wissenschaftsjournal „Food Quality and Preference“ veröffentlicht.

Wie beeinflusst der Anteil recycelten Materials in der Verpackung, - wie Verbraucherinnen und Verbraucher die Qualität von Orangensaft einschätzen? Das haben Forschende der Universität Bonn untersucht.
Wie beeinflusst der Anteil recycelten Materials in der Verpackung? – Wie schätzen Verbraucherinnen und Verbraucher die Qualität von Orangensaft ein? Das haben Forschende der Universität Bonn untersucht. Grafik: Madita Finke

Um was geht es?

Recycling ist ein entscheidender Hebel, um von einer Wegwerfwirtschaft zu einer echten Kreislaufwirtschaft zu gelangen, Ressourcen zu schonen, und das Klima zu entlasten. Daher müssen Einweg-PET-Flaschen in EU-Mitgliedstaaten ab 2025 mindestens 25 Prozent Rezyklat – also recyceltes Material – enthalten. Dieser gesetzlich festgelegte Anteil soll bis 2030 auf mindestens 30 Prozent steigen. Unternehmen können den Rezyklatanteil freiwillig auf ihren Produkten kennzeichnen. Unklar ist jedoch, wie Verbraucherinnen und Verbraucher die Qualität von Produkten mit Rezyklatanteil in der Verpackung wahrnehmen. Daher haben wir in einer Studie untersucht, wie Konsumentinnen und Konsumenten die Qualität von Orangensaft in PET-Flaschen mit einem 25 Prozent- bzw. 100 Prozent-Rezyklat-Label im Vergleich zu Flaschen ohne Rezyklat-Label bewerten.

Wie sind sie vorgegangen?

Wir haben eine Online-Umfrage mit 1080 deutschen Konsumentinnen und Konsumenten durchgeführt. Die Teilnehmenden wurden per Zufallsprinzip einer von drei Gruppen zugeordnet. Jede Gruppe sah ein Bild eines fiktiven Orangensafts in einer PET-Flasche: entweder ohne Label, mit einem 25-Prozent-Rezyklat-Label oder mit einem 100-Prozent-Rezyklat-Label. Wir haben im Rahmen einer Mediationsanalyse untersucht, ob das Rezyklat-Label beeinflusst, wie die Testpersonen die Qualität von Orangensaft einschätzen – indem es bei den Testpersonen Erwartungen zu Nachhaltigkeit, Geschmack und Sicherheit prägt. Mithilfe einer Moderationsanalyse haben wir zudem geprüft, ob das Umweltbewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher beeinflusst, wie stark das Rezyklat-Label die erwartete Nachhaltigkeit des Produkts beeinflusst.

Was ist das wichtigest Ergebnis?

Ein Rezyklat-Label auf PET-Flaschen für Orangensaft löste einen sogenannten „Halo-Effekt“ aus: Es erhöht die erwartete Produktqualität – vor allem durch eine gesteigerte erwartete Nachhaltigkeit. Je höher das Umweltbewusstsein der Testpersonen war, desto stärker fällt diese Wirkung aus. Neben der erwarteten Nachhaltigkeit tragen auch die Erwartungen in Hinblick auf Geschmack und Sicherheit positiv dazu bei, wie stark ein Rezyklat-Label die erwartete Produktqualität des Orangensaftes verbessert.

Was war die größte Herausforderung?

Zu Rezyklat-Labels liegen bisher nur wenige wissenschaftliche Publikationen vor. Mangels einer etablierten theoretischen Grundlage orientierten wir uns daher an Erkenntnissen aus verwandten Forschungsbereichen, etwa zu anderen Umweltlabeln.

Sind die Ergebnisse auf andere Produkte und Verpackungen übertragbar?

Wenn ein Produkt mit einem Nachhaltigkeits-Label gekennzeichnet ist, überträgt sich diese positiv wahrgenommene Information häufig auch auf andere Qualitätsmerkmale – ein Effekt, der bereits in verschiedenen Produkt- und Verpackungskontexten nachgewiesen wurde. Auch die Erkenntnis, dass eine Kennzeichnung eines positiv wahrgenommenen Attributs – wie etwa des Rezyklatanteils – besonders wirkungsvoll ist, wenn sie „über den Mindeststandard hinaus“ geht, könnte auf weitere Produktkategorien übertragbar sein.

Der Einfluss des Rezyklat-Labels auf die Geschmackswahrnehmung dürfte bei anderen Säften ähnlich ausfallen, könnte bei geschmacksneutraleren Getränken wie Wasser jedoch geringer sein. Zudem könnte die Wirkung des Rezyklat-Labels bei Premium- oder Markenprodukten im Vergleich zu günstigeren Handelsmarken abgeschwächt sein. Hier sind weitere Untersuchungen notwendig.

Was empfehlen Sie Unternehmen?

Der Rezyklatanteil in PET-Flaschen liegt in Deutschland bereits über dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestwert. Es könnte sich daher lohnen, einen höheren Rezyklatanteil aktiv an Verbraucherinnen und Verbraucher zu kommunizieren. Basierend auf den Ergebnissen unserer Studie erscheint es sinnvoll, dass Unternehmen in Deutschland den Rezyklatanteil ihrer PET-Getränkeflaschen transparent ausweisen und diesen möglichst über den gesetzlichen Mindeststandard hinaus erhöhen. Dadurch könnten sie ihre Wettbewerbsfähigkeit durch eine gesteigerte Wahrnehmung von Nachhaltigkeit und Qualität stärken und ihre Marke gegebenenfalls als Vorreiter positionieren.

Referenz

Madita Finke, Janine Macht, Monika Hartmann: „Benefit or harm: Consumers’ quality expectation of orange juice in recycled packaging”. Food Quality and Preference, 2025. DOI: https://doi.org/10.1016/j.foodqual.2025.105647
Die Studie wurde als Teil des Transform2Bio-Projektes vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen gefördert.

Kontakt

Janine Macht, Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik, TRA „Sustainable Futures“
Universität Bonn
Tel. +49 228 73-2139
E-Mail: janine.macht@ilr.uni-bonn.de

Source

Universität Bonn, Pressemitteilung, 2025-08-13.

Supplier

Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) NRW
Universität Bonn

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