Am Viessmann Unternehmensstammsitz in Allendorf (Eder) wird erstmals Methan, das mithilfe eines biologischen Verfahrens aus regenerativem Überschussstrom (z.B. Wind- oder Sonnenstrom) hergestellt wird, in das öffentliche Erdgasnetz eingespeist. Die weltweit erste Anlage ihrer Art ging Anfang März in Betrieb. Während der vergangenen Wochen wurde die dazu notwendige Technik mit der Größe von drei Schiffscontainern in die bestehende Biomethananlage in Allendorf (Eder) integriert. Die weitere Ausbaustufe des Systems zur Erzeugung und Verarbeitung von maximal 400 Kubikmetern Wasserstoff pro Stunde (Nm³/h) wurde bereits genehmigt.
Speicherprozess der Natur nachgebildet
Mit zunehmendem Ausbau von Wind- und Solarenergie werden in wind- und sonnenreichen Zeiten immer größere Mengen an Überschussstrom anfallen, die nicht in das Stromnetz eingespeist werden können. Gleichzeitig können im Zuge der Energiewende durch den Rückbau von konventionellen Kraftwerken in Zeiten von wenig Wind und Sonne Versorgungslücken entstehen. Die Entwicklung von Energiespeichern ist daher eine der größten Herausforderungen der Energiewende. Eine interessante Lösungsmöglichkeit stellt die Technologie Power-to-Gas dar, die jetzt bei Viessmann angewandt wird. Mit diesem Verfahren kann aus überschüssigem Wind- und Solarstrom durch Elektrolyse aus Wasser Wasserstoff hergestellt werden, der direkt genutzt oder in einem zweiten Schritt zusammen mit Kohlendioxid aus einer Biogasanlage auf mikrobiologischem Wege zu Methangas umgewandelt wird.
Erzeugung und Verbrauch zeitlich und räumlich entkoppeln
Das Gasnetz in Deutschland hat mit seinen Rohrleitungen und unterirdischen Kavernen eine Speicherkapazität von mehreren Monaten. Der Energieträger kann so über lange Zeit gespeichert und unabhängig vom Ort der Erzeugung zur Stromproduktion, der Wärmeversorgung oder in Erdgasautos als klimafreundlicher Energieträger verwendet werden. Gerade diese saisonale Langzeitspeicherung unterscheidet Power-to-Gas von anderen Speichertechnologien wie Batterien, Pumpspeicher oder Power-to-heat, die in erster Linie eine wirtschaftliche Energiespeicherung über wenige Tage hinweg ermöglichen.
Hohe Flexibilität bei der Aufnahme von Wind- und Sonnenstrom
Während in bisherigen Power-to-Gas-Projekten die Methanisierung auf chemisch-katalytischem Weg erfolgte, hat das Viessmann Gruppenunternehmen MicrobEnergy das jetzt in großem Maßstab funktionierende Verfahren entwickelt, das eine Umwandlung des im Gärprozess in einer Biogasanlage anfallenden Kohlendioxids und des extern zugegebenen Wasserstoffs zu Methan auf mikrobiologischem Weg ermöglicht. Zur Gewinnung des Wasserstoffs wird ein PEM-Elektrolyseur eingesetzt, der von Carbotech – einem weiteren Viessmann Unternehmen – gebaut wurde. Die biologische Methanisierung zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität aus und ist damit ideal geeignet, fluktuierende Energiemengen aus Wind- oder Sonnenkraft aufzunehmen.
Mikroorganismen erzeugen Methan
Die eigentliche Methanisierung wird dabei von hochspezialisierten Mikroorganismen durchgeführt. Diese nehmen den in Flüssigkeit gelösten Wasserstoff und das Kohlendioxid durch ihre Zellwand auf und „verdauen“ es zu Methan – übrig bleibt bei diesem Prozess lediglich noch Wasser.
Kostensenkung durch Nutzung vorhandener Infrastruktur
Durch die Nutzung vorhandener Biogas- und Klärgasanlagen können die Investitionskosten für Power-to-Gas-Anlagen deutlich gesenkt werden, da an den Standorten Transformatoren, Strom- und Gasnetzanschlüsse oftmals bereits vorhanden sind.
Förderung im Rahmen von „BioPower2Gas“
Die Anlage wurde im Rahmen des Förderprojekts „BioPower2Gas“ als Power-to-Gas- Demonstrationsanlage in Allendorf (Eder) errichtet. Die wesentlichen Projektziele sind die Erprobung des Elektrolyseurs und der biologischen Methanisierung (Stabilität, Langzeitstabilität), die vollständige Anlagenintegration in die Biomethananlage, das Erreichen einer stabilen und einspeisefähigen Gasqualität und der Nachweis der prozesssicheren dynamischen Fahrweise. Weiterhin soll der Regelenergiebetrieb und der Betrieb mit schwankenden Eingangsgasqualitäten (CO2, Feuchte, Temperatur, zyklisch und jahreszeitlich) erprobt werden. Um das hergestellte synthetische Speichergas vermarkten zu können, wird zudem die Qualifizierung des entstehenden synthetischen Methans für den Biokraftstoffmarkt im Rahmen von Bilanzierungs-, Nachweis- und Zertifizierungsverfahren durchgeführt.
Testergebnisse: hervorragende Gasqualität
Die Demonstrationsanlage von MicrobEnergy war bis Ende Dezember 2014 am Standort der Kläranlage Schwandorf in Betrieb. Die Testergebnisse zeigten eine hervorragende Produktgasqualität von mehr als 98 % Methan-Gehalt mit sehr geringem Wasserstoff-Anteil von weniger als 2 % und einer stabilen Produktionsmenge.
Nach Verlegung der Anlage an den Standort Allendorf (Eder) wird seit Anfang März 2015 der vor Ort produzierte Wassersoff mittels dem erprobten, biologischen Verfahren methanisiert und über die vorhandene Biogaseinspeiseanlage in das Erdgasnetz eingespeist. Das benötigte CO2 wird entweder aus der Gasaufbereitungsanlage übernommen oder es findet eine direkte Nutzung des Rohbiogases mit dem darin enthaltenen CO2 statt. In diesem Fall dient das Power-to-Gas-Verfahren zusätzlich als Aufbereitungstechnologie für Rohbiogas aus Biogas- und Kläranlagen.
Hintergrund:
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Forschungsprojekt „BioPower2Gas“ (www.biopower2gas.de) vereint Partner, die zum Ausbau einer flexiblen Stromerzeugung durch erneuerbare Energien gebraucht werden. Vom Entwickler der Technologie MicrobEnergy GmbH, ein Tochterunternehmen der Viessmann Group, über den Netzbetreiber EnergieNetz Mitte GmbH und den Energieversorger EAM EnergiePlus GmbH der EAM Gruppe, bis hin zum beratenden Ingenieurbüro CUBE Engineering GmbH sowie dem Forschungsinstitut IdE Institut dezentrale Energietechnologien gGmbH (Projektkoordinator). Assoziierter Partner des Projektvorhabens ist das Bioenergiedorf Jühnde. Die Forschungen werden innerhalb des Programms „Energetische Biomassenutzung“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und vom Deutschen Biomasseforschungszentrum wissenschaftlich begleitet.
Source
VIESSMANN Werke GmbH & Co. KG, Pressemitteilung, 2015-03-20.
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