Ungewöhnliches Recycling-Verfahren: Kaffeesatz kann Beton stabiler machen

Australische Forscher haben einen innovativen Weg gefunden, den Abfall der Kaffeeproduktion zu recyceln, indem sie ihn als nachhaltigen Zusatz zu Betonmischungen benutzt

Eine Tasse Kaffee am Morgen gehört für viele Deutsche zur täglichen Routine. Laut Deutschem Kaffeeverband werden hierzulande im Schnitt etwa vier Tassen täglich getrunken. Damit ist Kaffee das beliebteste Getränk in Deutschland – noch vor Bier oder Mineralwasser. Durch den hohen Kaffeekonsum landen allein in Deutschland jedes Jahr über 20 Millionen Tonnen Kaffeesatz im Müll. Das entspricht etwa dem Gewicht von 2.000 Eifeltürmen. Was also tun, mit der riesigen Menge an vermeintlichem Abfall? 

Forschende der RMIT Universität im australischen Melbourne entwickelten eine innovative und umweltschonende Anwendung. Sie sammelten den Kaffeesatz aus örtlichen Cafés und untersuchten, ob dieser sich als Bausubstanz eignet. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Durch den Zusatz von hocherhitztem Kaffeesatz zu einer Betonmischung wurde diese um etwa ein Drittel stabiler. Die Ergebnisse der Studie erschienen bereits Mitte 2023 in der Fachzeitschrift “Journal of Cleaner Production.

Kaffeesatz ist eigentlich eine wertvolle Ressource. Manche nutzen ihn als Dünger im Garten, andere als Peeling für eine geschmeidige Haut oder um lästige Gerüche im Haus zu neutralisieren. Teilweise werden die Überreste der Kaffeeproduktion auch schon industriell verwertet, beispielsweise als Nährstoffquelle bei der Zucht von Austernpilzen. Trotzdem landet der überwiegende Anteil an Kaffeesatz immer noch im Müll und damit auf großen Mülldeponien. Dort zersetzt sich der organische Abfall zu Methangas, einem Treibhausgas, das etwa 21-mal schädlicher ist als CO2. “Eine ökologische Herausforderung”, sagt Dr. Rajeev Roychand, Erstautor der Studie. Zusammen mit seinem Team experimentierte er damit, den Kaffeesatz als Zusatzstoff in Beton zu verwenden. 

Kaffeesatz macht Beton 30 Prozent stabiler

Beton besteht aus Wasser, Sand, Kies und Zement. Die Forschenden ersetzten in Experimenten den enthaltenen Sand durch Kaffeesatz. Dieser konnte jedoch nicht direkt hinzugefügt werden, da er sich mit der Zeit auflösen und das Baumaterial somit schwächen würde. Stattdessen erhitzten die Forschenden den Kaffeesatz auf 350°C. Dabei zersetzten sich die organischen Moleküle und eine poröse, kohlenstoffreiche Asche entstand. Dieser Vorgang wird auch Pyrolyse genannt. Die Asche wurde dann dem Beton beigemischt, wodurch dieser etwa 30 Prozent stabiler als herkömmlicher Beton wurde.

Durch die kommerzielle Verwendung von Kaffeesatz in Beton könnten so zukünftig auch große Mengen an Sand eingespart werden. Dieser wird normalerweise aus Flüssen und Küstenregionen gewonnen, mit “großen Auswirkungen auf die Umwelt”, sagt Professor Jie Li, Leiter der Studie. Weltweit werden jährlich 50 Milliarden Tonnen natürlicher Sand in Bauprojekten verwendet. “Mit einer Kreislaufwirtschaft könnten wir organische Abfälle auf Mülldeponien vermeiden und unsere natürlichen Ressourcen wie Sand schonen”, erklärt Li. 

Aktuell untersuchen die Forschenden, ob ihr Kaffee-Beton auch langfristig belastbar bleibt. Beispielsweise testen sie, wie Frost-Tau-Zyklen oder eine Wasseraufnahme die Haltbarkeit des Betons beeinflussen. Zudem führt das Team zusammen mit Vertretern der Universität bereits Gespräche mit mehreren Baufirmen und Betonherstellern über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten ihres neuen Baumaterials. Mehrere Gemeinden, die mit der Entsorgung organischer Abfälle kämpfen, haben bereits großes Interesse an den Forschungsergebnissen.

Als erste kommerzielle Anwendung des Kaffee-Betons entstand ein Fußgängerweg im australischen Gisborne 
Als erste kommerzielle Anwendung des Kaffee-Betons entstand ein Fußgängerweg im australischen Gisborne © RMIT University

Im Mai 2024 wurde im australischen Gisborne ein Fußgängerweg mit der neuen Betonmischung gebaut. Hier muss sich der innovative Kaffee-Beton nun zum ersten Mal unter natürlichen Bedingungen beweisen. Die Forschenden sind optimistisch und planen bereits weitere kommerzielle Projekte mit der australischen BildGroup – einem Unternehmen für zivile Infrastruktur und Asphaltbelag. 

Author

Ludwig Werny

Source

GEO, 2024-09-16.

Supplier

RMIT University (Melbourne, AUS)

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