Stark und extrem wärmeisolierend: Hybrid-Aerogele aus Biopolymeren und Silikat

Ein schweizerisch-französisches Team stellt in der Zeitschrift Angewandte Chemie eine neue Klasse hybrider Aerogele vor

Luftig, luftiger, Aerogel: Das schwammartige Netzwerk dieser hochporösen Festkörper kann bis zu 99,98 % aus Poren bestehen. Am weitesten verbreitet sind Aerogele auf Silikatbasis, die unter anderem aufgrund ihrer außergewöhnlich geringen thermischen Leitfähigkeit als Isolationsmaterial eingesetzt werden. Gravierender Nachteil ist ihre Brüchigkeit. Ein schweizerisch-französisches Team stellt in der Zeitschrift Angewandte Chemie jetzt eine neue Klasse hybrider Aerogele aus Silikat und pflanzlichen Pektinen vor, die bei vergleichbaren thermischen Eigenschaften mechanisch weitaus stabiler sind. Zudem werden sie aus biobasierten Produkten in einem wässrigen „grünen“ Prozess hergestellt.

Silikat-Aerogele entstehen, wenn aus einer Natriumsilikat-Lösung mit Salzsäure Kieselsäurepartikel ausgefällt werden, die zu einem Gel mit Netzstruktur aggregieren, das anschließend gewaschen und getrocknet wird. Ihre sehr hohe Porosität und spezifische Oberfläche macht sie für Anwendungen in Katalyse, Pharmazie und Chemie interessant, die superisolierenden Eigenschaften z.B. als transparente Wärmedämmung in der Solarthermie oder als Wärmedämmung bei Renovierungen, wenn für herkömmliche Dämmstoffe nicht genügend Platz vorhanden ist.

Problematisch ist die Brüchigkeit der Silikat-Aerogele. Grund für den zerbrechlichen Charakter ist die perlenkettenartige Struktur des Netzwerks: Silikat-Nanopartikel von ca. 3 bis 10 nm Durchmesser sind über wesentlich dünnere Stege miteinander verbunden. Auf der Suche nach Aerogelen mit besseren mechanischen Eigenschaften sind auch biobasierte Produkte in den Fokus gerückt, z.B. Pektine, pflanzlichen Ballaststoffe, die u.a. in der Lebensmittelindustrie als Geliermittel verwendet werden. Allerdings hapert es an den thermischen Dämmeigenschaften von Pektin-Aerogelen.

Im Rahmen des europäischen Aerocoins Projekt (www.aerocoins.eu) ist es dem Team um Matthias Koebel vom Schweizer Materialforschungsinstitut Empa (Dübendorf, Schweiz) und Tatiana Budtova von MINES ParisTech (Sophia Antipolis, Frankreich) jetzt gelungen, ein Hybrid-Aerogel aus ineinander verwobenen Pektin- und Silikat-Netzwerken herzustellen, das maßgeschneiderte mechanische Eigenschaften hat und nur minimale Staubmengen freisetzt – bei ausgezeichneten thermischen Eigenschaften.

Abgesehen vom optimalen Konzentrationsverhältnis zwischen Pektin und Silikat war der pH-Wert während des Gelierens Schlüssel zum Erfolg. So geliert Kieselsäure bei pH 1,5 innerhalb von ca. 14 Tagen, bei pH-Werten oberhalb 4 dagegen in wenigen Minuten. Pektin geliert unterhalb von pH 2,0 sehr langsam, zwischen pH 2 und 3 innerhalb von Minuten und oberhalb pH 3,5 gar nicht. Optimale Ergebnisse erzielten die Wissenschaftler bei pH 1,5: Beide Komponenten gelieren langsam, aber gemeinsam zu homogene Hybriden. Nach Waschen und Hydrophobisieren wurde mit überkritischem Kohlendioxid getrocknet. Anders als die empfindlichen Perlenketten-Strukturen der reinen Silikat-Aerogele weisen die Hybrid-Gele wesentlich dickere und damit stabilere Verstrebungen auf – sie sind mechanisch stabil.

Über den Autor:

Dr. Matthias Koebel leitet die Abteilung Materialien und Komponenten für energieeffiziente Gebäude der Empa. Mit seinem Team entwickelt er die nächste Generation Dämmstoffe und ihre Produktionstechnologien.

Author

Dr. Matthias Koebel

Source

Angewandte Chemie, Presse-Mitteilung, 2015-10-27.

Supplier

Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA)
MINES ParisTech

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