Österreich: Biokunststoffe als nachhaltige Zukunftslösung?

Stakeholderdialog Biobased Industry widmete sich dieses Jahr schwerpunktmäßig dem Kunststoff

Wo an Kunststoffen aus biogenen Rohstoffen bereits überall geforscht wird, zeigte der dritte Stakeholderdialog Biobased Industry, der vom BMVIT in Kooperation mit dem Fachverband der Chemischen Industrie am Montag veranstaltet wurde, in beeindruckender Weise. Rotorblätter aus Hanffasern, Lignin als Polystyrolersatz, Verpackungen aus Lebensmittelabfällen, Folien aus Cellulose – den Möglichkeiten von biobasierten Kunststoffen scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Oder doch?

„Will man auf Erdöl als Rohstoff verzichten, so kommt automatisch die Frage auf, ob es überhaupt genug Biomasse gibt, um es zu ersetzen“, erklärt Hubert Culik, Obmann des Fachverbandes der Chemischen Industrie in seiner Eröffnungsrede. „Die höchste Wertschöpfung kann nur durch kaskadischen Nutzung von biogenen Rohstoffen erzielt werden.“ So lange sich etwa Kunststoff recyceln lässt, sollte dies gemacht werden. Erst wenn es technisch nicht mehr möglich ist, das Produkt wiederzuverwerten, sollte es für die Energiegewinnung genutzt werden.

Zu diesem Schluss kommt auch Johan Sanders von der Wageningen University in seiner Keynote. Er errechnete für Biomasse, die als Grundlage für chemische Bausteine diente, den zehnfachen Wert von Biomasse, die lediglich zur Energiegewinnung herangezogen wird.

Das Argument, dass Erdöl ein wesentlich billigerer Rohstoff ist und zahlreiche Branchen darum aus wirtschaftlichen Gründen daran festhalten müssen, lässt Sanders so nicht gelten. Denn in der Rechnung muss auch der Kapitaleinsatz, der für den hohen Energiebedarf bei petrochemischen Prozessen getätigt werden muss, sowie der Verlust beim Wärmeaustausch berücksichtigt werden. In seiner ganzheitlichen Betrachtung sind bereits jetzt zahlreiche Produkte aus biobasierten Rohstoffen durchaus mit denen aus Erdöl konkurrenzfähig.

Culik wies auch darauf hin, dass die Effizienz in der Verwendung von biogenen Rohstoffen verbessert werden muss. „So, wie man früher bei der Schlachtung eines Tieres jeden Teil als wertvoll und verwendbar betrachtet hat, so müssen wir auch heute mit der verfügbaren Biomasse umgehen.“ Sanders bestätigte diese Aussage mit der Rechnung, dass eine kleine Bioraffinierie bei der Energieerzeugung einen Wert von 45 Euro pro Tonne Biomasse ermöglicht und weitere 200 Euro pro Tonne, wenn etwa aus dem Rapsschrot Protein, Aminosäuren, Lignocellulose, Phosphor, Fasern und Tierfutter gewonnen wird.

Doch die Verfügbarkeit des Rohstoffes ist nicht die einzige Frage, die sich Unternehmen stellen, wenn sie biogenen Kunststoff erzeugen wollen. So zeigte das Umweltbundesamt mit dem „Szenario 2050“ – einem Projekt, das sich mit der Herausforderung beschäftigt, alle Kunststoffe in der EU im Jahr 2050 biobasiert zu produzieren -, dass sich im diesem Bereich noch erheblicher Forschungsbedarf befindet. Zwar wurden für viele herkömmliche Kunststoffarten bereits Ersatzwerkstoffe auf Biobasis gefunden, die industrielle Fertigung steckt aber noch in den Kinderschuhen. Außerdem ist beo vielen biobasierten Kunststoffen derzeit ein Recycling technisch nicht möglich, was die kaskadische Nutzung einschränkt.

Auch sind die Eigenschaften der neuen biogenen Kunststoffe meist nicht mit jenen ihrer Vorgänger zu vergleichen. Bettina Schrenk von greiner packaging wies darauf hin, dass biobasierte Kunststoffe nicht auf bestehenden Anlagen verarbeitet werden können und hier hohe Investitionen getätigt werden müssen. Schrenk räumte auch mit dem Irrglauben auf, dass Kunststoffe aus biogenen Rohstoffen automatisch biologisch abbaubar sind. Denn genauso wie bei Kunststoffen auf Erdölbasis entscheidet hier die chemische Zusammensetzung über diese Eigenschaft und nicht der verwendete Rohstoff.

Die chemische Industrie versteht sich als Motor, wenn es darum geht, Strategien und Konzepte für die Produktion mit nachwachsenden Rohstoffen zu finden. Darum forscht man intensiv nach völlig neuartigen Verfahren und Materialien, die den Kunden maßgeschneiderte Produkte und Lösungen bieten und ist zuversichtlich, Lösungen für die aktuellen Fragestellungen zu finden. „Der Gesetzgeber ist hier gefragt, mit Anreizen anstatt mit gesetzlichen Vorgaben für das richtige Umfeld für weitere Innovationen und Fortschritte zu sorgen“, so Hubert Culik.

Der Besucherrekord von 130 Teilnehmern zeigte das deutliche Interesse für das vielschichtige Thema „Biobased Industry“. An einer Weiterführung der Veranstaltung wird bereits gearbeitet.

 

Kontakt

Mag. Dorothea Pritz
Tel.: 05 90 900 – 3364
E-Mail: pritz@fcio.at

Source

FCIO, Pressemitteilung, 2017-12-05.

Supplier

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT)
Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO)
Greiner Packaging International
Wageningen University

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