Naturfasern: Produktinnovationen auf dem 3. N-FibreBase-Kongress in Hürth

Am 9. und 10. Juni 2005 trafen sich 80 Experten in Hürth (Rheinland), um sich über die neuesten Entwicklungen und Trends im Bereich der naturfaserverstärkten Kunststoffe (NFK) und Wood-Plastic-Composites (WPC) zu informieren und auszutauschen. Damit konnte sich der N-FibreBase-Kongress wiederum als Experten-Forum etablieren, welches sich von anderen Konferenzen vor allem durch die intensiven Fachdiskussionen unterscheidet. Auch im nächsten Jahr soll das Konzept der begrenzten Teilnehmerzahl sowie der Schaffung einer Atmosphäre, die einen regen und offenen Austausch gewährleistet, weiter verfolgt werden.

Veranstalter des jährlich stattfindenden Fachkongresses sind das nova-Institut, Hürth, gemeinsam mit dem Faserinstitut Bremen und der Firma M-Base, Aachen. Der Kongress trägt den Namen “N-FibreBase” nach der gleichnamigen Kennwertdatenbank für naturfaserverstärkte Kunststoffe mit Compound-, Referenz-, Markt-, Faser- und Literaturdatenbank (www.N-FibreBase.net).

Die wichtigsten Höhepunkte des Kongresses sollen im Folgenden kurz skizziert werden:

PP-NF-Spritzgießen kurz vor breiter Markteinführung

Sven Ortmann (nova-Institut, Hürth) und Martin Snijder (A & F, Wageningen (NL)) zeigten in ihren Vorträgen den derzeitigen Stand der Entwicklung und Markteinführung der PP-Naturfaser-Spritzgießtechnologie auf, welch umfassendes technisches Wissen hierzu in den letzten Jahren generiert wurde und welche Produzenten schon heute und in naher Zukunft die neuen Granulate am Markt anbieten.

In Deutschland und Frankreich werden aktuell die Produktionskapazitäten erheblich auf einige 10.000 Tonnen/Jahr erweitert. Die Preise für die PP-NF-Granulate liegen derzeit zwischen 1,40 und 1,90 €/kg. Mit diesen Preisen und ihren interessanten technischen Eigenschaften, wie z.B. ihrer hohen Wärme-Formbeständigkeit, können die PP-NF-Granulate mit erheblich teureren Kunststoffen wie ABS und PC-ABS schon heute konkurrieren. Mit steigendem Ölpreis werden die Naturfaser-Werkstoffe ökonomisch immer interessanter.

Gerhard Jakwerth (FiberGran, Ostritz, ehemalig FLZ) stellte als einer der führenden Anbieter in Deutschland sein PP-NF-Granulat vor und berichtete erfeut, dass er in Kürze die weltweite Zulassung seines Werkstoffes für einige wichtige Automobilkonzerne erhalte (was inzwischen sogar tatsächlich geschehen ist!). Hierzu waren jahrelange Optimierungen des Werkstoffs und umfassende Prüfungen notwendig, deren Ergebnisse er in mehrseitigen Prüflisten eindrucksvoll demonstrierte.

Naturfaser-Formpressen international weiter auf dem Vormarsch

Dirk Fischer (R+S Technik, Offenbach a.M.) und Manfred Lahm (J. Dittrich & Söhne, Ramstein-Miesenbach) berichteten von neuen Trends im Bereich des Formpressens. Während Herr Lahm vor allem an neuen Matrizes und Anwendungen (Koffer, Tabletts, Brillen-Etuis) interessiert ist, berichtete Herr Fischer vom erfolgreichen Absatz der ständig weiterentwickelten Formpress-Technologie im Automobilbau in der ganzen Welt. Besonders beeindruckend waren die neuen Anlagen in China, wo chinesische Automobilproduzenten in den Oberklassen-Limousinen mehr Naturfaser-Formpressteile einsetzen, als weltweit in irgendeinem anderen Fahrzeug zuvor.

Neue Verfahren – Mit Hanfschäben geschäumtes PP, Naturfaser-RTM und Fließpressen

Auf besonderes Interesse stießen neue Verfahren zum Einsatz von Naturfasern in Verbundwerkstoffen. Marcel Salamon und Sven Armsen (beide MöllerTech, Bielefeld) stellten ihr Produkt Aquacell vor, ein mit gemahlenen Hanfschäben und Wasserdampf geschäumtes Polypropylen. Die gemahlenen Hanfschäben dienen dabei als Trägermaterial für das in den Prozess eingebrachte Wasser. Der bei der Erhitzung entstehende Wasserdampf dient als umweltverträgliches Treibmittel. Das Material wird bereits in einer ersten Serie eingesetzt.

Margarete Gödel (Alwomotive, Erfenstein) konnte das RTM-Verfahren (Resin Transfer Moulding), welches bisher nur in Verbindung mit Glasfasermatten zum Einsatz kommt, nun mit Naturfasermatten realisieren und bereits erste Anwendungsbeispiele im LKW-Bau finden. Bis zum Serieneinsatz wird für dieses Material allerdings noch etwas Zeit vergehen. Dies gilt ebenso für das Fließpressen mit Naturfasern.

Jörg Müssig (Faserinstitut Bremen) stellte sein Projekt eines Fließpressteils mit Naturfasern für einen MAN-Bus vor, welches in Kürze in einer Kleinserie bei städtischen Bussen zum Einsatz kommen soll.

Wood-Plastic-Composites (WPC) – dynamische Entwicklung einer neuen Werkstoffklasse

Erstmalig wurde dem Thema WPC auf einem N-FibreBase-Kongress große Aufmerksamkeit gewidmet. Michael Karus (nova-Institut, Hürth) stellte eine aktuelle Marktstudie des nova-Instituts zum WPC-Markt in Deutschland vor, die in Kürze publiziert wird. Wurden im Vorjahr 5.000 t WPC in Deutschland produziert, erwarten die knapp 20 deutschen WPC-Produzenten für dieses Jahr bereits einen Absatz von ca. 10.000 t WPC. Wichtiger Anwendungsbereich ist der Bereich “Deckings”, dies sind Bodenbeläge im Außenbereich wie Terrassen, Veranden, Balkone oder Bootsstege. Wolfgang Marx (Copywood, Stuttgart) und Ulrich Quittmann (Fawo Wood Deutschland, Ernstroda) präsentierten ihre Produktpaletten mit zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten. Vorträge über “Feuchtigkeitsaufnahme” und “Technische Chancen und Risiken” von Heiko Thömen (Universität Hamburg) und Michael Schmitz (M-Base, Aachen) rundeten den WPC-Überblick ab.

Zwischen der NFK- und der WPC-Branche kam es zu interessanten, weit greifenden Diskussionen und Synergieeffekten. Während die WPC-Unternehmen erstaunt waren, welche umfassenden Forschungsergebnisse für PP-NF-Spritzgießen vorliegen, wunderten sie sich doch über den nur langsamen und noch kleinvolumigen Markterfolg dieses Werkstoffs. Entsprechend waren die PP-NF-Experten verwundert, wie schnell sich der Werkstoff WPC am deutschen Markt etablieren kann. Das Fazit der Diskussionen war der einhellige Konsens, dass man verstärkt zusammenarbeiten möchte, die Ergebnisse der langjährigen NFK-Forschung für die WPC-Entwicklung nutzen will, aber auch durch Zugabe von Bastfasern wie Flachs oder Hanf die mechanischen Werte der WPC verbessern könnte.

Es zeigte sich, dass NFK und WPC eng benachbarte neue Werkstoffe sind, die sich in ihren technischen und ökonomischen Eigenschaften bestens ergänzen und somit gemeinsam ein breites Anwendungsspektrum in Leistung und Preis abdecken. Die stetig steigenden Erdöl- und Kunststoffpreise machen beide Werkstoffe immer interessanter für die Industrie.

Ab Mitte Juli 2005 wird eine CD-ROM mit sämtlichen Vorträgen des 3. N-FibreBase-Kongresses erscheinen, die für 50 € zzgl. 16% MwSt. beim nova-Institut unter www.nachwachsende-rohstoffe.info/pdf bestellt werden kann. Teilnehmer des Kongresses erhalten die CD-ROM zum Selbstkostenpreis von 10 € plus 16% MwSt.

Michael Karus, nova-Institut GmbH, v.i.S.d.P.

Pressemitteilung hier zum Download (PDF-Format).

(Vgl. Meldungen vom 2004-06-25 und 2004-04-07.)

Source

Pressemitteilung des nova-Instituts vom 2005-07-04.

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