Leinenproduktion in Russland unter Druck

Solide, jedoch nur für grobe und mittlere Garne brauchbar: Russische Technik in der Spinnereivorbereitung

Von der verstärkten Nachfrage aus Europa und USA nach billigen Leinenstoffen in den Jahren 2003 und 2004 konnten auch russische Hersteller profitieren.

In dem klassischen Flachsanbauland wurden nach Angaben von Aziz Kapakjew vom Allrussischen Konjunkturforschungsinstitut in Moskau im Jahre 2003 so doch 157 Mio m2, in 2004 gar 159 Mio m2 produziert. Dies entspräche grob gerechnet (150g Garn/m2) einem Garnverbrauch von etwa 23.500 t. Dieses relativ hohe Flächengewicht ist angesichts der dort vorwiegend erzeugten mittleren und groben Garne eher noch zu niedrig angesetzt.

Folgt man den Zahlen des Europäischen Leinenverbandes CELC, bietet sich ein völlig anderes Bild: Im gesamten Osteuropa, d.h. Russland, sowie der Ukraine und Weißrussland, wurden 2004 lediglich 13.700 t Garn produziert sowie weitere 1.800 t Garn importiert.

Bei einem Garnexport von lediglich 300 t standen also 15.200 t zur Gewebeproduktion zur Verfügung. Selbst wenn alles Garn in Russland verwebt worden bzw. in der Ukraine und Weißrussland kein Gewebe hergestellt worden wäre, würde sich das durchschnittliche Flächengewicht auf lediglich 90 g/m2 ergeben. Dies ist völlig unrealistisch.

Wahrscheinlicher ist, dass nicht Reinleinenstoffe sondern vor allem mit erfasste Leinenmischungen diese hohe Produktionsmenge ausmachen. Bezogen auf Reinleinengewebe wird die russische Produktion 50 Mio m2 kaum überschreiten.

Ebenso unrealistisch ist die Argumentation von Aziz Kapakjew, dass das Produktionswachstum teilweise durch den Mangel an Rohstoffen behindert würde. Das Rohstoffproblem ist vermutlich ein qualitatives; von einer Anbaufläche von 100.000 ha werden in Russland allenfalls 20% des westeuropäischen Flächenertrages an Fasern gewonnen.

Dies ist nur zu einem geringen Teil natürlich bedingt, viel stärker wirken sich nicht-Kosten- bzw. Risiko-deckende Faserpreise sowie überholte Anbau- und Verarbeitungsmethoden aus. Und nur deshalb müssen gute Faserqualitäten seit einigen Jahrzehnten importiert werden.

Vor diesem Hintergrund ist es aus russischer Sicht sehr erfreulich, dass diejenigen Kombinate, die den Schritt auf den europäischen und amerikanischen Bekleidungs- und Heimtexmarkt gewagt haben, dort teilweise auch recht erfolgreich sind – bieten sie doch für den Nichtfachmann “echtes” Leinen zu günstigen Preisen an.

Dass der fast ebenso bedeutende Inlandsmarkt mit seiner ständig steigenden Kaufkraft fast kampflos dem Import aus Fernost auf einem Silbertablett serviert wird, gerät beim westwärtigen Blick offenbar aus den Augen der Leinen-Oligarchen.

Denn die stark rückläufige russische Leinenproduktion im Jahr 2005 rührt vor Allem daher, dass im Westen Billigangebote nur durch Eines zu ersetzen sind: Qualitativ bessere, aber gleich günstige Produkte aus Fernost.

Source

FlachsNews vom 2006-02-24.

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