Kunststoffe der Zukunft werden dank chemischen Recyclings viele frühere Leben haben

Polymerwerkstoffe in Satelliten, Autos und elektronischen Geräten werden zukünftig vielleicht in ihrem zweiten, 25. oder 250. Leben sein

Neue Forschungsergebnisse der University of Colorado Boulder, die in der Zeitschrift Nature Chemistry veröffentlicht wurden, beschreiben, wie langlebige Kunststoffe (Duroplaste), die in der Luft- und Raumfahrt und in der Mikroelektronikindustrie weit verbreitet sind, chemisch in ihre Grundbausteine zerlegt werden können und dann wieder der ursprüngliche Werkstoff hergestellt werden kann.

Ein Detail aus recyceltem Kunststoff. © Patrick Campbell/CU Boulder.

Dies ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung von reparablen und vollständig recycelbaren vernetzten Polymeren. Das Recycling dieser Kunststoffe stellt eine besondere Herausforderung dar, da diese auch unter extremer Hitze und anderen rauen Bedingungen formstabil und beständig sind. Die Studie zeigt, wie diese Kunststoffe immer wieder abgebaut und neu hergestellt werden können, ohne die gewünschten physikalischen Eigenschaften zu verlieren.

„Wir denken über verschiedene Möglichkeiten nach, chemische Bindungen aufzubrechen und schauen dabei über den Tellerrand“, erläutert Wei Zhang, Hauptautor der Studie und Leiter des Fachbereichs Chemie. „Unsere chemischen Methoden können zur Entwicklung neuer Technologien und Materialien beitragen sowie zur Lösung der bestehenden Kunststoffkrise.“

Die Ergebnisse deuten ebenfalls darauf hin, dass es auch für andere Kunststoffe und ihre chemischen Strukturen möglich ist, die chemischen Bindungen vollständig zu spalten und wiederherzustellen. So könnten mehr Kunststoffe des täglichen Lebens in einer Kreislaufwirtschaft hergestellt werden.

Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Kunststoffe in fast allen Industriezweigen und Lebensbereichen allgegenwärtig, da sie äußerst praktisch, funktionell und billig sind. Doch ein halbes Jahrhundert später, nach einer exponentiell gestiegenen Nachfrage und Produktion, stellen Kunststoffe ein großes Problem für die Gesundheit des Planeten und der Menschen dar. Die Herstellung von Kunststoffen erfordert große Mengen an Öl und die Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Einwegprodukte aus Kunststoff verursachen jedes Jahr Hunderte von Millionen Tonnen Abfall, der in Form von Mikroplastik auf Mülldeponien und in den Ozeanen landet und sich sogar im menschlichen Körper ansammelt.

Recycling ist daher in diesem Jahrhundert der Schlüssel zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch Kunststoffe und der Emissionen fossiler Brennstoffe. Bei den herkömmlichen Recyclingverfahren werden die Polymere mechanisch zu Pulver zerkleinert, verbrannt oder durch bakterielle Enzyme aufgelöst. Ziel ist, das zerkleinerte Material für andere Zwecke verwenden zu können. Beispiele hierfür sind Schuhe aus recycelten Gummireifen oder Kleidung aus recycelten Plastikflaschen. Zwar handelt es sich dabei nicht mehr um das ursprüngliche Material, aber es wird Abfall vermieden.

Was wäre jedoch, wenn man ein neues Produkt aus demselben Material herstellen könnte, wenn das Recycling nicht nur ein zweites Leben für Kunststoffe ermöglichen würde, sondern ein sich wiederholendes Verfahren wäre? Genau das ist Zhang und seinen Kollegen gelungen: Mit einer umkehrbaren Reaktion konnten sie sowohl die chemischen Bindungen eines speziellen Hochleistungspolymers aufbrechen als auch neue bilden.

„Diese Reaktion ist gleichzeitig dynamisch und umkehrbar, sodass die Bindung neu gebildet werden kann“, so Zhang. „Dabei verfolgen wir einen neuen Ansatz, um dasselbe Polymerrückgrat von zwei verschiedenen Startpunkten aus zu erhalten“. Dies erfolgt, indem das Polymer („poly“ bedeutet „viele“) in einzelne Monomere, seine Moleküle, zerlegt wird – ein Konzept der reversibel-dynamischen Reaktion. Insbesondere neu an der jüngsten Methode ist, dass damit nicht nur neue Polymerwerkstoffe hergestellt werden können, die wie Legosteine einfach zusammengesetzt, zerlegt und immer wieder neu zusammengesetzt werden können, sondern dass die Methode auch auf bestehende, besonders schwer zu recycelnde Polymere angewendet werden kann. Diese neuen chemischen Methoden sind bereits marktreif und können in derzeitige industrielle Produktionsverfahren integriert werden.

„Für das zukünftige Design und die Entwicklung von Kunststoffen kommt es nicht nur darauf an, neue Polymere zu entwickeln, sondern das Wissen, wie man ältere Polymere umwandelt, upcycelt und recycelt, wird von erheblicher Bedeutung sein“, so Zhang. „Mit unserem neuen Ansatz können wir viele neue Werkstoffe herstellen, darunter einige mit ähnlichen Eigenschaften wie die in unserem Alltag gegenwärtigen Kunststoffe.“

Das Recycling von Kunststoffen in geschlossenen Kreisläufen ist von der Natur inspiriert, Pflanzen, Tiere und Menschen sind gleichermaßen Teil eines planetarischen Kreislaufsystems, so Zhang. „Warum sollten wir unsere Materialien nicht auf die gleiche Weise herstellen können?“Originalveröffentlichung

Source

Chemie.de, 2022-09-28.

Supplier

Nature Chemistry
University of Colorado Boulder

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