Die Feinstaub-Diskussion zur Städtebelastung hat sich zunächst wieder einmal gelegt. Für die Kommunen allerdings ist das Partikelproblem weiterhin aktuell und mit allerlei Maßnahmen soll gegen die Feinstaubbelastung angegangen werden: So verhängte Stuttgart etwa seit 1. Januar ein Durchfahrverbot für LKW. Weitere Beschränkungen für private Dieselfahrzeuge sollen folgen.
Ganz frisch auf der Skandalbühne stellen sich neuerdings private Biomasseheizungen dar. Sie gelten als bisher zu wenig beachtete Quelle für Feinstaubimmissionen.
Und somit trifft das Feinstaubproblem mitten in die Öko-Euphorie für Holz- und Pelletheizungen hinein. “Schade um den Brennstoff Holz, der so über die gesamte Breite in die Kritik gerät. Eigentlich sind nur die ganz alten Kachelöfen und die billig zusammengeschweißten Anlagen problematisch”, sagt Bernhard Dreher, Energieexperte im Bundesumweltministerium (BMU).
Angespornt durch hohe Ölpreise erreichen Holzöfen derzeit in Deutschland ungeahnte Absatzmargen. Einer Erhebung des Essener Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) nach heizt bereits jeder fünfte Haushalt mit Holz. Grob geschätzt werden in den momentan vorhandenen 40.000 Pelletheizungen übers Jahr 200.000 t Holzpresslinge verheizt, Tendenz steil steigend.
Somit geben inzwischen Feinstaubbelastungen aus Holzheizungen einen dankbaren Sündenbock ab: “Wenn die Feinstaubemissionen aus dem Schornstein zunehmen, werden wir Holzfeuerungen verbieten”, tönt es aus dem Berliner Umweltsenat.
In Stuttgart wurde das Problem bereits aufgegriffen und man prüft im Rahmen des neuen Luftreinhalteplans ein Verbrennungsverbot für Festbrennstoffe. “Das könnte aber auch so aussehen, dass man Pelletöfen vom Verbot ausnimmt, weil Pellets sauberer verbrennen als herkömmliches Holz. Aber das ist alles noch nicht ausdiskutiert”, meint Jürgen Baumüller vom Umweltamt Stuttgart.
Mit der EU-Feinstaubrichtlinie stecken die Länder jetzt im Dilemma. Klimaschutz darf nicht zu Lasten der Luftreinhaltung gehen. Auch in Österreich hat die Pelletbranche schon mit Imageproblemen zu kämpfen: So machten von Seiten der Heizölwirtschaft geschaltete Anzeigen in Tageszeitungen Holzfeuerungen herunter.
Ein umfangreiches Messprogramm aller führenden Pelletkesselhersteller aus Deutschland und Österreich wurde nun in Auftrag gegeben, um zu retten, was zu retten ist. “Wie groß das Feinstaubproblem im Vergleich zu anderen Quellen tatsächlich ist, wurde noch nicht eindeutig untersucht. Da sind wir gerade dran”, sagt Martin Kaltschmitt vom Leipziger Institut für Energetik und Umwelt.
Dort werden jetzt im Auftrag des BMU Scheitholz, Pellets und Hackschnitzel gründlich untersucht, was jeweils an Staub emittiert, wie die Verbrennung modifiziert werden kann und wie die Partikel aussehen. Die Studie soll etwa zwei Jahre dauern.
Fakt jedoch ist: Um die 15 mg/m3 und 20 mg/m3 Staub liegen die Durchschnittswerte bei den Pelletkesseln – und damit um den Faktor 10 besser als bei alten Holzheizungen. “Die besten Pelletheizungen emittieren 5 mg/m3 Gesamtstaub”, sagt Reinhold Priewasser von der Universität Linz. Damit liegen sie dicht bei den Gas- und Ölfeuerungen. “Bei Pellets fällt extrem wenig Asche an. Außerdem sind sie genormt, das garantiert eine gewisse Qualität”, meint Hans Hartmann vom bayerischen Technologie- und Förderzentrum, TFZ, in Straubing.
Automatisch beschickte Pelletanlagen warten mit den geringsten Staubwerten auf. Die kleineren Oberflächen im Gegensatz zu Holzscheiten sowie die automatisierte Zufuhr machen die Verbrennung störungsfrei.
Auf den Ofen kommt es an
“Unsere Prüfergebnisse zeigen, dass es nicht heißen kann: Öl statt Holz. Sondern: Neue Holzheizungen statt alte Anlagen!”, stellt Priewasser klar. Auch gibt es erste Anzeichen dafür, dass die Partikel nicht die gleiche Wirkung wie Dieselruß haben. “Wir vermuten, dass die Stäube aus der Holzverbrennung weniger toxisch sein könnten. Das müssen Toxikologen aber noch verifizieren”, deutet Bernhard Dreher an.
Geforscht wird noch an Maßnahmen gegen die tückischen Teilchen. Gewebefilter und Elektrofilter sind als Sekundärlösung durchaus effektiv. Mit Rauchgaskondensation erreicht man sogar Verbesserungen um rund 10%, belegen österreichische Experten.
Der Aufwand muss allerdings finanzierbar bleiben. “Aufwändige Reinigungstechnik sollte man sich für größere Anlagen aufheben. Bei kleinen Öfen helfen auch schon große Pufferspeicher. Damit kann der Ofeninhalt sauber verbrennen und der schadstoffträchtige Gluthaltebetrieb wird kurz gehalten”, erläutert Ute Maier, Kleinfeuerungsanlagenreferentin beim Umweltministerium Baden-Württemberg.
Wie es weiter geht? Ob neue Grenzwerte anstehen, Vorschriften für die Anlagenhersteller, bestimmte Emissionswerte zu garantieren oder mehr Überwachung durch die Schornsteinfeger – alles reine Prognose. “Eine Möglichkeit wäre, die Kleinfeuerungsverordnung zu novellieren und den Geltungsbereich der technischen Anforderungen nach unten zu öffnen, um die kritischen Kleinanlagen nicht im verordnungsleeren Raum zu lassen”, wünscht sich Ute Maier.
Fest steht, das BMU ist hier gefordert: Minderung von Feinstaub und gleichzeitige Förderung erneuerbarer Energien. Schließlich werden Holzheiz-Systeme wegen ihrer Klimaneutralität mit nicht unerheblichen Zuschüssen subventioniert.
Bis dahin gilt der Wahlspruch von Joachim Fischer, Geschäftsführer beim Deutschen Pelletverband: “Man muss einfach zur Kenntnis nehmen, dass Heizungen in unterschiedlicher Qualität angeboten werden, da sollte man nichts über einen Kamm scheren. Ich als Verbraucher kann immerhin auf niedrige Emissionswerte achten.”
(Vgl. Meldung vom 2005-08-11.)
Source
VDI nachrichten vom 2006-01-20.
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