EU: Rohstoffe für Bioethanol gesichert

Getreide und Rüben reichen für geplante Ethanolmengen - Probleme bei Raps

Die europäische Landwirtschaft kann die Bioethanol-Hersteller mit Rohstoffen versorgen. Die zunehmende Nachfrage der Kraftstoff-Hersteller wird die Getreidemärkte kaum beeinflussen. Dagegen ist Raps für Biodiesel jetzt schon knapp. Die Produzenten von Biodiesel werden mehr und mehr auf Importe von Pflanzenölen angewiesen sein, ist Russell Mildon von der EU-Kommission überzeugt.

Rüben und Getreide seien besonders nach weiteren Reformschritten ausreichend vorhanden, stellte der Direktor aus der GD Landwirtschaft vergangene Woche bei einer Konferenz der britischen Agra Informa in Brüssel fest.

Wenn die Exporterstattungen für Getreide zurückgenommen würden, stünde von der durchschnittlichen Ausfuhrmenge über rund 20 Mio. t im Jahr zumindest ein Teil für die Bioethanol-Hersteller zur Verfügung. Auch denke man über eine Abschaffung der Flächenstilllegung nach, führte Mildon aus. Schließlich setze die Reform der EU-Zuckermarktordnung Rüben für die Kraftstoffherstellung frei.

Ein anderes Bild ergebe sich beim Biodiesel. Rapspreise würden jetzt schon von den Kraftstoffproduzenten nach oben gedrückt. Mit der geplanten Ausweitung der Biodieselkapazitäten könne die Rapserzeugung kaum Schritt halten, weshalb zunehmend Pflanzenöle zur Kraftstoffherstellung eingeführt werden müssten.

Das Rohstoffangebot der europäischen Landwirtschaft passe leider nicht ganz zur Verbreitung der Motoren in der EU, meinte Paul Hodson von der EU-Kommission (DG Energie und Transport). Die Autohersteller setzten mehr und mehr auf die sparsameren Dieselmotoren. Der Landwirtschaft falle es aber leichter, die Rohstoffe für Bioethanol und damit für Benzinmotoren zu liefern.

In Brasilien passen Landwirtschaft und Autoindustrie dagegen besser zusammen. Dort ist kaum ein Diesel-PKW auf den Straßen zu finden. Die Zuckerrohrerzeuger versorgen die Ethanolindustrie, die mit einem Beimischungszwang von 25% bei Benzin einen sicheren Absatzmarkt hat.

Rohstoffmärkte für Bioethanol bleiben im Gleichgewicht

Die Rohstoffmärkte für Bioethanol bleiben in den kommenden Jahren im Gleichgewicht, hat Andrée Defois vom französischen Analystenbüro Strategie Grain errechnet. Er geht von einer Produktionskapazität von 6,2 Mio. t Bioethanol in der EU-25 im Jahr 2010 aus. Dafür würden 14 Mio. t Getreide und 7 Mio. t Zuckerrüben gebraucht.

Im Einzelnen handle es sich um 7 Mio. t Weizen, 3 bis 4 Mio. t Mais, 2 Mio. t Roggen und 400.000 t Gerste, so Defois. Das seien Mengen, welche die Getreidepreise in der EU kaum beeinflussen könnten. Erntemengen und die Exportmöglichkeiten blieben weiterhin die wichtigsten Faktoren für die Preisbildung. Die Versorgung der Biodieselhersteller könne dagegen nur mit Hilfe von Importen gesichert werden.

Strategie Grain geht von einer Biodieselproduktionskapazität von 15,2 Mio. t im Jahr 2010 aus. Dafür würden rund 10 Mio. t Rapsöl aus der EU gebraucht, rund 5 Mio. t müssten aus Drittländern importiert werden. Indonesien und Malaysia bereiten sich jetzt schon auf zunehmende Palmölexporte in die EU vor. Die Lebensmittelindustrie, deren Anteil am europäischen Rapsölmarkt jetzt schon nur noch 50% beträgt, wird nach Berechnungen von Defois im Jahr 2010 nur noch einen Anteil von gerade einmal 20% haben.

Lebensmittelhersteller befürchten Nachteile

Ein anderes, drastisches Szenario für die Rohstoffversorgung der Lebensmittelindustrie hat Willem-Jan Laan von Unilever entworfen: 2010 würden in der EU rund 11 Mio. t Biodiesel hergestellt, dafür werde die gesamte Rapsernte gebraucht, führte Laan auf einer Konferenz von Agra Europe London in Brüssel aus. Der Rapsölpreis habe sich von der Lebensmittelnachfrage verabschiedet und hänge nur noch von den Mineralölnotierungen ab. Da Erdölpreise tendenziell im Steigen begriffen seien, koste die Non-Food-Schiene die Lebensmittelindustrie in der EU bisher schon jährlich EUR 500 Mio. Die Industrie müsse die Preissteigerungen an die Verbraucher weitergeben oder auf tierische Fette ausweichen.

Europäische Erzeuger würden ihre Rapsproduktion trotz der Biodieselnachfrage kaum ausdehnen. Dies liege zum einen an den ebenfalls attraktiven Getreidepreisen. Zum anderen seien die Öle von dem kraftstoffbedingten Preisanstieg stärker betroffen als die Saaten, so der Unilever-Vertreter. Biodiesel weise keine optimale Umweltbilanz auf, auf einem Hektar Raps könne deutlich weniger Kraftstoff produziert werden als bei anderen Pflanzenkraftstoffen.

Unilever setze deshalb auf die zweite Generation von Biotreibstoffen, die aus Holzabfällen oder Ganzpflanzen hergestellt werden. Bis die Forschung so weit sei, solle man die Förderung von Biodiesel nicht übertreiben. Ein Beimischungszwang von Pflanzenkraftstoffen mache die Mineralölindustrie zu einem Wettbewerber auf dem Rapsölmarkt, der zu jedem Preis abkaufen müsse. Die Lebensmittelindustrie habe hier das Nachsehen, befürchtet Laan.

Source

AIZ vom 2006-10-30.

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