Designer-Treibstoffe für die Luftfahrt

DLR forscht an synthetischen Alternativen zum Kerosin

Designer-Treibstoffe auf Basis von Kohle, Erdgas und langfristig Biomasse könnten in Zukunft Kerosin in der Luftfahrt ablösen. Auf der Suche nach Alternativen zum Erdöl erforscht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) seit mehreren Jahren neue synthetische Treibstoffe für den Luftverkehr. Aktuelle Ergebnisse zeigen, dass die zukünftigen Treibstoffe in Hinblick auf Umweltfreundlichkeit und Zuverlässigkeit dem Kerosin sogar überlegen sein können.

“Gemeinsames Ziel aller Forschungspartner aus Industrie und Wissenschaft ist es, das herkömmliche Kerosin auf Erdölbasis nicht nur zu ersetzen, sondern langfristig durch einen besseren Treibstoff, ein ‘Designerkerosin’ für eine nachhaltige, umweltfreundliche Luftfahrt von Morgen abzulösen”, erklärt Prof. Manfred Aigner, Direktor des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik in Stuttgart. “Bei der Entwicklung von alternativen Treibstoffen für den Luftverkehr arbeiten wir daran, diese neuen alternativen Treibstoffe so zu optimieren und modellieren, dass sie einen wesentlichen Fortschritt für die Umwelt und die technische Zuverlässigkeit von Triebwerken bedeuten”, ergänzt Aigner.

Gas to Liquid (GtL) im Einsatz
Erfolgreich getestet ist bereits der synthetische Treibstoff Gas to Liquid (GtL). Er wird über das bereits in den 1920er Jahren in Deutschland erfundene “Fischer-Tropsch-Verfahren” hergestellt, bei dem Erdgas zunächst durch die Zufuhr von Sauerstoff und Wasserdampf zu Synthesegas und dieses im nächsten Schritt zu flüssigen Kohlenwasserstoffen umgewandelt wird. Ein erster kommerzieller Linienflug mit einer 50-prozentigen Beimischung von GtL zum Kerosin fand bereits im Oktober 2009 in Zusammenarbeit mit Shell, Rolls Royce plc und Qatar Airways statt. Für die DLR-Forscher liegt im GtL großes Potenzial: Es stellt eine wichtige Brücke zu den langfristig angestrebten Biofuels, den alternativen Treibstoffen auf Basis von Biomasse, dar: Sowohl GtL wie auch CtL (Coal to Liquid), ein synthetischer Treibstoff auf Basis von Kohle, werden mit dem gleichen Verfahren (Fischer-Tropsch) produziert, welches auch für die Produktion von BtL (Biomass to Liquid) eingesetzt werden kann. Die neuen Erkenntnisse sind damit auf die Entwicklung von leistungsstarken Biofuels übertragbar.

Rußanteile deutlich geringer
Dass die Einführung von GtL nicht nur ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit vom Erdöl ist, konnten die Forscher des Instituts für Verbrennungstechnik bereits feststellen: Aktuelle Messungen belegen, dass der Rußanteil bei GtL-Treibstoffen im Vergleich zum herkömmlichen Kerosin deutlich geringer ausfällt. Für die Beimischung von GtL zum Kerosin bedeutet dies, dass die Schadstoffemissionen mit steigendem GtL-Anteil im Treibstoff abnehmen – das verbessert unter anderem die Luftqualität für die Menschen in Flughafennähe.

Und dies ist nur ein Aspekt der umfangreichen Forschung zu neuen Treibstoffen im DLR: “Der Verbrennungsprozess in einer Fluggasturbine ist die Summe von vielen verschiedenen Einzelprozessen. Einer davon ist beispielsweise die Oxidation des Brennstoffes. Um allein diesen einen Prozess zu analysieren, ermitteln wir zunächst experimentell an unseren Prüfständen, etwa an einem Hochdruckbrenner oder an einer Stoßrohranlage, die wichtigsten Verbrennungseigenschaften”, erklärt Aigner. Gemessen wird zum Beispiel, wie schnell der Treibstoff reagiert, seine Wärme freisetzt oder zündet. “Mit den Messdaten ‘füttern’ wir dann unsere Simulationswerkzeuge, um ein Modell für die gesamten Reaktionsabläufe des Brennstoffs zu erstellen.”

Ziel der Forscher ist es, mithilfe der Modelle den zukünftigen Treibstoff in einem gezielten Designprozess so zusammenzusetzen, dass in Hinblick auf technische Eignung, Emissionsminderung und chemisch-physikalische Eigenschaften ein optimaler und zuverlässiger neuer Treibstoff entsteht. Die Prognosen rücken den Einsatz der neuen Treibstoffe in greifbare Nähe: “In den nächsten zehn Jahren ist eine allmähliche Einführung zunächst als Beimischung (‘blend’) zum herkömmlichen Kerosin von GtL oder auch CtL zu erwarten. Damit können wir bereits dem Problem der Ressourcenverknappung begegnen. Bis zum Jahr 2030 erwarten wir einen weitgehenden Ersatz des Kerosins durch biomassebasierte Treibstoffe. Dies wird dann eine klimaneutrale Luftfahrt ermöglichen,” sagt Manfred Aigner.

Hintergrund
Das Stuttgarter DLR-Institut für Verbrennungstechnik forscht seit über 30 Jahren an Herausforderungen der Verbrennungstechnik im Kraftwerksbereich, in der Luftfahrt und im Verkehr. Seit circa zehn Jahren arbeitet ein Team von rund 20 Wissenschaftlern aus verschiedenen Abteilungen des Instituts am Thema der alternativen Treibstoffe in der Luftfahrt, dies vor allem in großen langfristig angelegten Projekten in Kooperation mit Partnern aus Industrie und Forschung. Im EU-Auftrag SWAFEA (Sustainable Way for Alternative Fuels and Energy for Aviation) untersuchen die DLR-Verbrennungsforscher gemeinsam mit den Partnern die Machbarkeit und Wirkung des Einsatzes alternativer Treibstoffe in der Luftfahrt. Im EU-Projekt ALFA-BIRD erarbeiten sie eine Roadmap für alternative Flugttreibstoffe, um den Einsatz der neuen Treibstoffe in der Luftfahrt voranzutreiben. Die Entwicklung von Designwerkzeugen für eine biomassebasierte Energieversorgung steht im Fokus des Projektes DEDEBIO. Zur Weiterentwicklung der GtL-Treibstoffe laufen aktuelle Forschungsprojekte in Kooperation mit der Industrie – zum Beispiel mit Shell, Rolls Royce plc, dem Technologiezentrum Qatar Science & Technology Park und der Texas A&M University Qatar.

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen entwickelt die Industrie neue Triebwerksbrennkammern für die alternativen Treibstoffe. Die Erprobung dieser neuen Brennkammern findet dann wieder im DLR statt, nämlich in den einmaligen, dafür speziell ausgebauten Hochdruckprüfständen des Instituts für Antriebstechnik in Köln-Porz.

Kontakt:
Julia Duwe
Kommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Tel.: 00711-68 62-480
Fax: 00711-68 62-636

Prof. Dr. Manfred Aigner
Institut für Verbrennungstechnik
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Tel.: 00711-68 62-309
Fax: 00711-68 62-578

Source

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR, Pressemitteilung, 2010-01-28.

Supplier

Alfa-Bird
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR)
Qatar Science & Technology Park
Rolls-Royce
Shell Group
SWAFEA – Sustainable Way for Alternative Fuels and Energy for Aviation
Texas A&M University

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