Carbonfasern aus Holz

Für ihre Forschungsergebnisse erhielten die DITF-Experten den vom nova-Institut vergebenen ersten Preis im Wettbewerb um die «Cellulose Fibre Innovation of the Year»

Im Rahmen der «International Conference on Cellulose Fibres 2022», die vom 2. bis 3. Januar in Köln stattgefunden hat, stellten die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) ein neuartiges Herstellungsverfahren für Carbonfasern aus dem Rohstoff Holz vor. Für ihre Forschungsergebnisse erhielten die DITF den vom nova-Institut für Ökologie und Innovation vergebenen ersten Preis im Wettbewerb um die «Cellulose Fibre Innovation of the Year».

Der Wettbewerb wurde ausgelobt für herausragende wis­senschaftliche Forschung, die nachhaltige Lösungen für die Wertschöpfungskette von Cellulosefasern liefert (Abb.1). Der Bedarf an Carbonfasern für technische Anwendungen hat in den letzten Jahren immens zugenommen. Denn die aus ihnen hergestellten carbonfaserverstärkten Kunststoffe (CFK) zeichnen sich durch enorme Steifigkeit bei gleich­zeitig niedrigem Gewicht aus. Sie sind damit prädestiniert für den Einsatz im Leichtbau, der in immer mehr techni­ schen Anwendungen Einzug findet. Üblicherweise werden Carbonfasern aus erdölbasierten Ausgangsstoffen herge­stellt, die naturgemäss keine gute Ökobilanz aufweisen. Die DITF stellen mit ihrer Forschungsarbeit eine ressourcen­schonende Alternative zu Fasern auf fossiler Basis vor. In einem nachhaltigen und besonders umweltschonenden Prozess werden Carbonfasern durch Nutzung von Biopoly­meren erzeugt.

Umweltfreundliches Verfahren

Abb. 1: Award Trophy Cellulose Fibre innovation of the Year 2022
Abb. 1: Award Trophy Cellulose Fibre innovation of the Year 2022 (Quelle: GIG Karasek GmbH)

Das Kompetenzzentrum Biopolymerwerkstoffe der DITF Denkendorf hat die Grundlagen für das neue Herstel­lungsverfahren entwickelt. In dem patentierten High­ PerCell®­Verfahren wird Holzzellstoff in einem nachhal­tigen Direktlöseverfahren unter Verwendung von sogenannten ionischen Flüssigkeiten (IL) aufbereitet. Aus dieser Lösung entstehen in einem Nassspinnprozess techni­sche Cellulose­Filamente. Das Filamentspinnverfahren ist so konzipiert, dass es in einem umweltfreundlichen und ge­schlossenen System erfolgt. Das Lösungsmittel (IL) wird dabei vollständig rezykliert.
Die auf diesem Wege erzeugten Cellulosefasern werden nach dem Ausrüsten mit einem ebenfalls patentierten Carbonisierungshilfsmittel zunächst stabilisiert. Der hier verwendete Katalysator trägt dazu bei, die Kohlenstoff­ausbeute der späteren Carbonfaser signifikant zu steigern. Der folgende Entwicklungsschritt, etabliert unter dem Namen HighPerCellCarbon®­Verfahren, wandelt die Cellu­losefasern in Carbonfasern um. Hierfür durchlaufen die Fasern eine in Zusammenarbeit mit der Firma Centrotherm entwickelte Niederdruck­Stabilisierung und werden an­schliessend direkt in konventionellen Öfen carbonisiert. Während des gesamten Verfahrensablaufs entstehen keine Abgase oder giftigen Nebenprodukte.

Gute Fasereigenschaften

Die Carbonfasern, die durch diesen Herstellungsprozess ent­ stehen, zeigen gute technische Kennwerte in Bezug auf Festigkeiten und Flexibilität. Sie zeichnen sich aber vor allem durch eine geringe Sprödigkeit aus und dürften sich mit ihrem besonderen Eigenschaftsprofil im Wettbewerb mit Carbonfasern aus konventioneller Herstellung auf dem Markt behaupten (Abb. 2).

Lösungsmittelrückgewinnung

Abb. 2: HighPerCellCarbon® Carbonfasern aus Holz.
Abb. 2: HighPerCellCarbon® Carbonfasern aus Holz. (Quelle: DITF, Denkendorf, DE).

Die besonderen Vorteile der HighPerCell®­ und High­ PerCellCarbon®­Verfahren bestehen indes in ihrer Nachhaltig­ keit und Umweltverträglichkeit: Neben der Rezyklier­ fähigkeit des verwendeten Lösungsmittels steht besonders die Verwendung des Rohstoffs Holz für Ressourcenschutz. Erdölbasierte Ausgangsstoffe werden durch nachwachsende Biopolymere substituiert. Die Abluftnachbehandlung des gesamten Prozesses kann mit weit geringerem Aufwand be­trieben werden, als das bei etablierten Verfahren der Fall ist. Das spart Energie. Und durch den geschlossenen Prozess der Cellulosefaserherstellung fallen keine Abwässer an, die auf­wendig gereinigt werden müssten.

Die Gesamtheit dieser Vorteile ist substanziell für das nachhaltige Wirtschaften wichtiger Industriebranchen. Denn der Aspekt der Nachhaltigkeit von in Produkten ein­ gesetzten Materialien rückt immer mehr in den öffentli­chen Fokus und wird damit wettbewerbsbestimmend.

Pilotanlage in Blaubeuren

Umso wichtiger ist der nächste Schritt auf dem Weg zum nachhaltigen Produkt, den die DITF zusammen mit dem «Technikum Laubholz», einer ausseruniversitären For­schungseinrichtung in Blaubeuren, gehen. Dort wird unter fachlicher Unterstützung der Forscher aus Denkendorf eine Pilotanlage für die Herstellung holzbasierter Carbon­fasern gebaut, die den Weg in die industrielle Fertigung ebnen soll.

Author

Frank Hermanutz (Kompetenzzentrum Biopolymere)

Source

Textil PLUS, Ausgabe 05/06 2022, 2022-04.

Supplier

DITF – Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
nova-Institut GmbH

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