Anstatt Ethanol aus Zucker oder Stärke herzustellen, wird für die Produktion von Ethanol der 2. Generation die gesamte Pflanze, insbesondere ihr Cellulose-Anteil, verwendet. Ein potentieller Vorteil ist dabei die verbesserte Flächeneffizienz bei der Ethanolherstellung. Obwohl die einzelnen Verfahrensschritte im Labormaßstab funktionieren, scheitert die industrielle Anwendung derzeit noch an hohen Investitions- und Produktionskosten. Ein entscheidender Kostentreiber beispielsweise ist der Aufwand an Enzymen für die Hydrolyse der pflanzlichen Cellulose. Es bedarf weiterer Forschung und Entwicklung, um die Effizienz aller Verfahrensschritte zu verbessern und die kommerzielle Produktion von Ethanol aus Lignocellulose zu ermöglichen.
Zu diesem Zweck fördert die Europäische Kommission, durch das 7. Forschungsrahmenprogramm seit 2010 vier Demonstrationsprojekte im Großmaßstab. BIOLYFE ist eines dieser Projekte. Unter Federführung des Chemiekonzerns Chemtex wird in Norditalien eine Demonstrationsanlage mit einer Ethanol-Produktions-kapazität von 40.000 t/a entwickelt und errichtet, die vor allem auf die Verwertung von Energiepflanzen mit hohen Lignocellulose-Anteilen ausgerichtet ist. Zusammen mit den Projektpartnern sollen Innovationen zur Effizienzsteigerung entlang der gesamten Produktionskette entwickelt und getestet werden.
Zu Beginn des Projektes stand die Auswahl geeigneter Rohstoffpflanzen. In die engere Auswahl kamen Sorghumhirse (Sorgum sp. Hybride mit hohen Celluloseanteilen), Miscanthus (Miscanthus x giganteus Hybride), Riesenschilf (Arundo donax) sowie Rutenhirse (Panicum virgatum). Eine eingehende Analyse der landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen am avisierten Produktionsstandort in Crescentino (Italien) zeigte, dass der benötigte Rohstoff (etwa 170.000 tTS/a) in einem Umkreis von 70 km um den Produktionsstandort bereitgestellt werden kann, indem weniger als 2,5% der bestehenden Getreideproduktionsflächen umgewidmet werden. Da der Getreideanbau in der Region durch sehr niedrige Gewinnmargen gekennzeichnet ist, bietet der Anbau von Energiepflanzen eine interessante Alternative für die regionale Landwirtschaft.
Nach ersten Anbauversuchen zeigte sich, dass mit Rutenhirse nur vergleichsweise niedrige Produktivitäten erreicht werden und dass der Miscanthusanbau hohe Risiken (etwa durch Frostschäden) für eine kontinuierliche Rohstoffversorgung birgt. Als spezifischer Nachteil von Sorghumhirsen wurden hohe Produktionskosten von über 1.000 € pro Hektar und Jahr berechnet. Entsprechend wurde Riesenschilf als der am meisten geeignete Rohstoff für das Projekt ausgewählt. Riesenschilf zeichnet sich vor allem durch hohe Flächenproduktivität und niedrige Produktionskosten aus. Zudem kann es ganzjährig geerntet werden und ermöglicht somit eine vereinfachte Logistik mit kleinen Lagerkapazitäten. Insgesamt ermöglichen diese Vorteile sowohl vertretbare Rohstoffpreise für den Ethanolhersteller (25 bis 30 €/tTS inkl. Anlieferung) als auch ausreichende Bruttogewinnspannen beim Rohstoffanbau (300 bis 400 €/ha.a).
Weitere Arbeiten im ersten Jahr des Projektes beinhalteten die chemische Charakterisierung verschiedener Riesenschilf-Rassen, die Weiterentwicklung eines Verfahrens zur Vorbehandlung der Biomasse (zweistufige Dampfexplosion), Hydrolyseversuche mit diversen Enzymmischungen, die Entwicklung eines Hydrolysereaktors sowie Versuche zur Integration von Hydrolyse und Fermentation (SSF: simultaneous saccharification and fermentation) und zur gleichzeitigen Fermentation von Hexosen und Pentosen. Die bisherigen Ergebnisse wurden genutzt, um mit der konkreten Planung für die Demonstrationsanlage zu beginnen.
Kontakt
E-Mail: rainer.janssen@wip-munich.de
oder
E-Mail: wolfgang.hiegl@wip-munich.de
Weitere Informationen
Im Rahmen von BIOLYFE wird am 8. Juni 2011 in Berlin ein Workshop zum Thema anlässlich der 19th European Biomass Conference and Exhibition veranstaltet.
Source
Fachbereichsarbeitsgruppe Nachwachsende Rohstoffe der Bundesanstalt für Landtechnik (BLT), Wieselburg, Ausgabe Blatt Nr. 59 (März 2011), 2011-04-06.
Supplier
Chemtex Group
European Commission
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