Biogas ohne Gülle – Erste Praxiserfahrungen

Grundsätzlich möglich, aber mit vielen Risiken: So lautet das ernüchternde Fazit von Hans-Walter Körber-Harriehausen aus Obernjesa bei Göttingen, der seit über einem Jahr güllelos Biogas erzeugt. Wie er auf der Jahrestagung vom Fachverband Biogas in Nürnberg erläuterte, besteht die Anlage aus einem Fermenter mit 680 m3 Inhalt, Betondecke und zentralem Rührwerk. Im April 2003 startete die Vergärung, wobei Körber-Harriehausen Gülle und Wasser als Anfangssubstrat verwendete. Später setzte er nur noch Maissilage und Getreide-Ganzpflanzensilage zu.

Die ersten Probleme stellten sich durch Überfüttern der Anlage ein, was zu einem pH-Wert von unter 5,5 Prozent und unter 20 Prozent Methangehalt führte. Erst nach dem Austausch von Substrat gegen frische Rindergülle setzte die Vergärung wieder ein. Immer wieder musste der Landwirt auch danach mit sinkenden pH-Werten und steigenden Propionsäuregehalten kämpfen, die er teilweise mit Gülle- oder Wasserzugabe beherrschen lernte. “Neben der Biologie zeigte sich aber auch die Technik in einigen Bereichen als nicht geeignet”, führt er weiter an. Zu schwache Dichtungen und Verstärkerplatten am Pumpenverteiler, Getriebeschäden am Rührwerk, und zwei Kolbenfresser im BHKW zählen zu den grössten Technikschäden, die z.T. auch zu längeren Stillstandzeiten der Anlage geführt haben. “Das Problem dabei: Hohe Erntekosten, Stromkosten für die Rührwerke und Motoreninspektion können die Liquidität schnell belasten, wenn die Anlage nicht richtig ausgelastet ist”, lautet seine Erfahrung.

Seit Januar 2004 ist die 300 kW- Biogasanlage von Andreas Rugen aus Breddorf bei Zeven (Niedersachsen) in Betrieb, die ebenfalls ohne Gülle nur mit Maissilage gefahren wird. Auf 170 Hektar hat Rugen Mais angebaut und füttern 15 Tonnen pro Tag. “Die Biogaserzeugung ohne Gülle ist ein reines Massentransportgeschäft”, musste er erfahren. Für wichtig hält er ein integriertes Wiegesystem an der Anlage, das die täglichen Inputmengen erfasst. Er füttert die Anlage über einen umgerüsteten Futtermischwagen, der auf Wiegestäben steht. Sie melden die Zugabemenge dem Zentralcomputer der Anlage. In regelmäßigen Abständen leitet er ausgegorenes Substrat als Rezirkulat in den Fermenter zurück. Zur Überwachung des Gärprozesses hat er außerdem eine Gasuhr, ein Gasthermometer, ein Barometer und ein Gasunterdruckmesser installiert. Zusätzlich lässt er sein Gärsubstrat regelmäßig im Labor untersuchen als Nachweis dafür, was aus dem Futter an Gas herauskommt. Störungen in der Fermenterbiologie sind bei ihm bislang kaum aufgetreten, seine Anlage ist im ersten Jahr 7700 Stunden gelaufen.

Jetzt plant Rugen eine Erweiterung der Anlage auf 500 kW. Die nötige Rohstoffmenge will er dabei nicht mehr selbst anbauen, sondern mit Berufskollegen Anbau- und Abnahmeverträge für Rohstoffe und Gärrest abschließen. Die Bezahlung der Lieferanten soll so ablaufen: Die Anlieferungsmenge wird prozentual nach Trockensubstanzgehalt erfasst. Der Lieferant erhält dann den Bonus für nachwachsende Rohstoffe, wobei Rugen von einer Gasausbeute von
360 bis 400 kWh pro Tonne Mais ausgeht. “Die Lieferanten könnten damit also zwischen 21,60 und 24 EUR je Tonne Mais erhalten”, erläutert er sein Abrechnungsmodell. Er setzt dabei auf Vertrauensbildung und Kalkulationssicherheit für beiden Seiten.

(Vgl. Meldung vom 2005-10-27.)

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