Mikrobielles Recycling – eine Lösung für mehrschichtige Kunststoff-Verpackungen? 

Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, in der Kunststoffe in ihrem wertvollsten Zustand erhalten werden, ist dringend notwendig, um die Umweltauswirkungen der Kunststoffnutzung zu verringern

Das Foto zeigt In Folien verpackte Lebensmittel.
© Universität Kassel

Für ein neues Forschungsprojekt arbeiten das Fachgebiet Ressourcenmanagement und Abfalltechnik und das Fachgebiet Kunststofftechnik der Universität Kassel sowie das Fachgebiet Mikrobiologie und Biotechnologie der Universität Hamburg an einem gemeinsamen Ziel: Sie wollen mithilfe von mikrobiellem Recycling eine Methode entwickeln, die mehrschichtige Folien umweltverträglich wieder in ihre ursprünglichen Bestandteile zurückführt, sodass diese erneut für qualitativ hochwertige Anwendungen eingesetzt werden können. Das Projekt wird von der VolkswagenStiftung mit knapp 1,2 Millionen Euro gefördert.

Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, in der Kunststoffe in ihrem wertvollsten Zustand erhalten werden, ist dringend notwendig, um die Umweltauswirkungen der Kunststoffnutzung zu verringern. Folien sind einer der wichtigsten Anwendungsbereiche von Kunststoffen. In deutschen Haushalten bilden sie fast die Hälfte der Einweg-Kunststoffverpackungen ab. Insbesondere die besonders häufig in der Lebensmittelindustrie eingesetzten Mehrschichtfolien werden beim derzeit angewandten werkstofflichen Recycling als Störstoffe betrachtet und können nur zu minderwertigen Produkten weiterverarbeitet werden. Wäre es jedoch möglich, diese Materialien mit hoher Qualität stofflich verwerten zu können, gäbe es ein enormes Potenzial, um Kunststofffolien in geschlossenen Materialkreisläufen zu führen.

Um dieses Ziel zu erreichen, verdeutlicht Prof. Dr. David Laner, Leiter des Fachgebiets Ressourcenmanagement und Abfalltechnik der Universität Kassel, die Notwendigkeit einer neuen innovativen Recyclingtechnologie: „Die derzeitigen mechanischen Recyclingverfahren für Kunststofffolien sind durch die Verschlechterung von Produkteigenschaften und uneinheitliche Produktqualitäten nicht in der Lage, in großem Maßstab hochwertige Recyclingprodukte zu erzeugen. Eine andere Option stellt das chemische Recycling dar, das zwar auch für Kunststoffabfälle mit niedrigem Reinheitsgrad geeignet ist, jedoch durch die hohe Energieintensität und geringe Produktausbeute der unterschiedlichen Verfahren, die Kunststoffmaterialien in ihre Bestandteile zerlegen, weniger attraktiv ist“. Aus diesem Grund stellen sich die am Projekt beteiligten Fachgebiete der Herausforderung, eine neue Recyclingmethode zu entwickeln, um mehrschichtige Kunststofffolien erneut zu hochwertigen Produkten zu verarbeiten: Das mikrobielle Recycling.

„Wir wollen eine neue und ökologisch optimale Recyclingtechnik für Polyethylen (PE)-Folien und PE-Polyethylenterephthalat (PET)-Mehrschicht-Folien entwickeln, die über die enzymatische Depolymerisation von PE und anschließender reaktiver Extrusion von kurzkettigen Bausteinen (Oligomeren) zu hochwertigen Recyclingprodukten führt“, erläutert Prof. Dr. Wolfgang Streit, Leiter des Fachgebiets Mikrobiologie und Biotechnologie der Universität Hamburg. „Denn PE ist in fast jeder mehrschichtigen Folie enthalten, aber bislang nicht enzymatisch entschlüsselt wie etwa PET.“

Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Heim, Leiter des Fachgebiets Kunststofftechnik an der Universität Kassel, ergänzt: „Obwohl dieses Projekt aufgrund des völlig neuen Ansatzes riskant ist, könnte es den Weg ebnen für ein mehrschichtiges Recycling mit Fokus auf den mikrobiellen Abbau für technische Kunststoffe und dazu beitragen, die von der Europäischen Kommission festgelegten Recyclingziele zu erreichen.“

Die Projektergebnisse werden schließlich nicht nur für die Lebensmittel- und Verpackungsindustrie interessant sein, sondern auch beispielsweise für den Automobil- oder Textilsektor. Hier handelt es sich zwar nicht um Kunststofffolien, aber die große Vielfalt der in Autos verwendeten Kunststoffe, die Dominanz schwarzer Kunststoffe und die Vielfalt der Füllstoffe stellen eine große Herausforderung für herkömmliche mechanische Recyclingverfahren dar und könnten das mikrobielle Recycling sehr attraktiv machen. Das Gleiche gilt für Textilien, für die die Vielfalt der Materialien das Faser-zu-Faser-Recycling mit etablierten Technologien erschwert.

Das Projekt „BioLoop: Micro-biologically enhanced material cycle for closing PE and PE-PET multilayer plastic foil Loops“ mit einer Laufzeit von vier Jahren wird von der VolkswagenStiftung mit knapp 1,2 Millionen Euro gefördert. Thematisch schließt das Projekt auch an die wissenschaftlichen Aktivitäten des Kasseler Forschungsclusters „BiTWerk – Biologische Transformation technischer Werkstoffe“ unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Thomas Niendorf und Prof. Dr.-Ing Hans-Peter Heim an ( www.uni-kassel.de/go/bitwerk )

Source

Universität Kassel, Presemitteilung, 2024-10-07.

Supplier

Universität Hamburg
Universität Kassel
VolkswagenStiftung

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